Montag, 15. Juli 2013

D'Leit

oder auf Hochdeutsch: die Leute. Die Anderen. Die Nichtstricker.

Mir geht nämlich immer noch die Frage des Wollschafs im Kopf um, die ich doch noch zum Anlass nehmen will, ein wenig zu plaudern.

Die Frage lautete:

Gab’s von Freunden, Verwandten, Passanten oder so schon mal dumme Kommentare zum Thema stricken? Gibt’s ein Vorurteil oder einen Spruch, über den Du Dich besonders aufregst oder ärgerst?

Tja, und das Thema scheint ja nun wirklich zu beschäftigen. Michaela hat gleich im Kommentar zur Frage mit dem lustigsten Zitat aufgewartet:

Den blödsten Spruch überhaupt (und meistens von Männern begleitet von jovialem, sich umblickend beifallheischendem Lachen) höre ich manchmal in öffentlichen Verkehrsmitteln: “2-rechts-2links-2 fallenlassen böhöhöhöh”.

Ja, das kenne ich. Wer hat die nur erzogen, frage ich mich manchmal. Das ist ja sogar oft diejenige Generation, die von Mutterns selbstgestricken Socken am meisten profitiert hat. Genau deshalb aber sollten sie doch eigentlich eher Respekt als Häme für uns übrig haben.

In die gleich Kategorie fallen bei mir auch diejenigen (wieder meist Männer), die sich kenntnisreich geben, aber eigentlich keine Ahnung haben. "Mama, was macht die Frau da?" fragt ein Kind im Zug bei meinem Anblick. "Die häkelt." antwortet der weltgewandte, männliche Nichtstricker. War wohl nichts.

Dann gibt es die älteren Damen, von denen ich auch schon die eine oder andere im öffentlichen Nahverkehr getroffen habe.

Version 1 dieser Damen hat früher sooo viel gestrickt und strickt heute überhaupt nicht mehr. Warum, weiß ich gar nicht.

Ein bisschen, weil es sich nicht mehr lohnt, wenn Socken so viel billiger im Discounter zu erwerben sind. Ein bisschen, weil Stricken so ein Not-Armut-sich nichts leisten können-Image hat. Schade eigentlich.

Version 2 dieser Damen strickt ebenfalls und verwickelt mich dann in ganz nette Gespräche dann und wann.

Eine meinte kürzlich: "Stricken Sie auch?" - sehr lustig, wenn ich doch schon mit meinem Socken kämpfend in der Berufsverkehr-Masse stehe. Aber es war wohl mehr ein Konversationsstarter und hatte auf mein "Ja, ständig!" nur ein wissendes "Ich auch!" zur Folge. Sehr nett!

Sehr beliebt ist auch "Können Sie Socken stricken?", wenn ich doch ganz eindeutig genau dies gerade tue, freilich mit der Betonung auf "Sie", so als ob dies eine vergessene Kunst heutzutage wäre.

Dann folgt die eine oder andere Geschichte über Verwandte und Bekannte, die auch Socken stricken können. Nicht ganz so spannend, und vor allem: es hält mich vom Stricken ab ;-), denn schließlich muss ich ja dann mein Strickzeug niederlegen und ein richtiges Gespräch führen, mit Blickkontakt und so.

Bei Kollegen, etc. halte ich mich eher bedeckt, denn da ist es doch eher schick, mit der Bezeichnung Strickliesel den letzten Kalauer auch noch einmal anzubringen. Der hat einen ähnlichen Bart wie "2 rechts, 2 links" und bringt auch den geduldigsten Handarbeiter in Raserei, wie Andrea schon in ihrem Strickliesl-Blog bemerkt hat.

Auf die rhetorische Frage: "Ach, du bist also eine Strickliesel?" antworte ich also weniger rhetorisch als vielmehr stoisch - und sage nur: "Jaja." und hoffe dann, dass sich das Thema erledigt hat. Man will schließlich nicht etwas, das einem wirklich am Herzen liegt, mit Leuten besprechen, die dafür einfach überhaupt kein Verständnis haben!

Dann gibt es diejenigen, die ich Gelegenheitsstricker nenne. Sie können stricken, tun dies aber nur unregelmäßig, z.B. zur Handschuh-Saison. Die unterhalten sich dann ständig über den Preis. "Sündhaft teuer" wurde mir mal von einem Opal-Garn erzählt, dabei hat es gerade mal € 6,95 gekostet. "Wenn du wüsstest..." hab ich mir nur gedacht.

Solchen Leuten brauche ich mit Manos del Uruguay oder Possumwolle gar nicht kommen. Das würde sie sowieso nicht verstehen.

Dabei sind das genau diejenigen, die ohne mit der Wimper zu zucken jeden Winter in eine neue Skiausrüstung investieren. Anzug, Mütze, Skibrille, Skier, Service im Sportgeschäft, Reise ins Skigebiet, Übernachtung, Skipässe, Verpflegung. Da rechne mir doch mal einer aus, was fünf Tage kosten.

Das wird anstandslos gezahlt.

Jetzt bitte einmal auf die Zeit umrechnen, in der man wirklich Spaß hat: hunderte, wenn nicht gar tausende Euro und fünf Tage. Na?

Dagegen Wolle: ein tolles Garn, von mir aus teuer oder gerne auch 'sündhaft teuer'. Und wie lange hab ich Spaß dran? Wie viele Stunden bereitet mir das wirklich große Freude?

Ein günstigeres Hobby kann es ja gar nicht geben!

Bei einer solchen Argumentation ist für jeden von uns auf jeden Fall mindestens ein Paar Signature Needles drin!

Schließlich gibt es diejenigen, die das Hobby wohl anerkennen, also die physische Fertigkeit, die aber gleichzeitig offensichtlich der Meinung sind, damit hätten sich meine geistigen Fähigkeiten erschöpft.

Wie sonst ist es zu erklären, dass auf die Feststellung "Ach, du kannst stricken?" immer gleich ein cleverer Vorschlag folgt, z.B. "Dann könntest du mir doch mal einen Pulli stricken."

Auch Tina aus Hamburg hat sich darüber schon amüsiert.

Wenn man diese Haltung mal auf andere Fertigkeiten überträgt, dann merkt man erst wie unverschämt sie ist.

"Ach, du kannst Klavier spielen? Dann könntest du mir doch mal ein Privatkonzert geben."

"Ach, du kannst Auto fahren? Dann könntest du mich doch mal zur Wollmeise fahren."

"Ach, du kannst indisch kochen? Dann könntest du mir doch mal ein Menü zubereiten."

Das nennt man wohl totale Selbstüberschätzung.

Ich habe mir ja auch alle meine stricktechnischen Kenntnisse und Raffinessen nur deshalb mühevoll angeeignet, damit ich dann jemanden, der darin nur einen sinnlosen Zeitvertreib sieht, mit einem selbstgefertigten Unikat beglücken kann.

Nein danke.

Da greift dann wieder die Regel Nummer 1 in unserem Hobby:

>Verschenke nie etwas Gestricktes an jemanden, der den Wert dessen nicht zu schätzen weiß!<

Sonst gibt es nur innere Verletzungen.

Das ist überhaupt meine größte Freude, dass nur ich selbst entscheide für wen und vor allem was ich stricke. Wer einen selbstgestrickten Pulli will, der möge bitte selbst dafür sorgen, dass er lernt, wie das geht.

Da hat sich das Stricken ja dann doch gewandelt und ist nicht mehr diese Rundumversorgungsbeschäftigung im Dienste der Großfamilie, das es einmal war, ganz getreu nach dem Motto:

Man works from dawn to setting sun
but woman's work is never done.

Nein. Das nun wirklich nicht mehr.

Daher ist es nur recht und billig, dass ich meine Thranduil-Stulpen ganz allein für mich gestrickt habe. Perlen auffädeln und verdrehte Maschen stricken hab ich mir schließlich auch selbst beigebracht. ;-)))



















Mittwoch, 10. Juli 2013

Erst lesen, dann stricken

Ende Juni war das Buchthema für die lesende Minderheit fällig. Diesmal: Eine Liebesgeschichte.

Meine Wahl fiel auf Folgendes:



Eine Liebesgeschichte aus der Sicht eines Jungen, der sich eines Tages völlig unerwartet richtig verknallt. Und zwar in ein Mädchen, das so überhaupt nicht in sein Leben passt.

Denn er ist ein guter Schüler, eher schüchtern, Gitarre spielendes Schüler-Bandmitglied und zuverlässiger Sohn in einer Single-Parent-Familie.

Das Mädchen aber ist auf Drogen, hat einen Zuhälter und ist insgesamt völlig neben ihrer Spur.

Natürlich will er sie retten. Setzt sich für sie ein auch gegen Verbote. Hält zu ihr auch gegen die Drogen und will ihr helfen im finalen Showdown.

Das Ende ist grau - nicht schwarz und nicht weiß, sondern so wie das Leben. Es geht halt irgendwie weiter.

Das Buch hat mir gut gefallen, auch wenn ich den Lebensweg des Mädchen wenig überzeugend fand (sie erzählt an einer Stelle ihre Geschichte, also ihren Weg in diese Drogen-Prostutierten-Karriere) und der Schluss doch etwas langatmig war.

Aber Kevin Brooks kann erzählen und der Junge Joe war sehr authentisch. Außerdem ist es selten, dass man eine Liebesgeschichte liest, in der man alles aus der Perspektive des Jungen erfährt. Meist hat man es ja mit schmachtenden weiblichen Heldinnen zu tun.

Es geht weiter mit einem Buch über menschliche Beziehungen. Mal sehen, was mir dazu einfällt.

Mit dem Stricken ist das schon einfacher.

Da geht es immer noch um den Hobbit und obgleich die erste Thranduil-Glitzer-Stulpe schon fertig ist, hier nur ein kleiner Sneak Peak, denn ich möchte erst beide beenden, bevor ich sie anständig fotografiere. Es sei aber Folgendes vermerkt: 490 Perlen! Drunter ging's nicht.



Eine zweiten Thorin-Socken habe ich auch in Arbeit. Diesmal ohne die Noppen für den Fußteil, denn schließlich kann man ja nicht nur Socken für die Couch haben. Vielleicht möchte man sie ja doch dann und wann mal in Schuhen tragen. ;-)




Wie man sieht, funktioniert das Muster auch ohne Noppen, wie ich finde. Sieht immer noch aus wie eine Rüstung, und das soll es ja schließlich auch.

Als dritten Versuch müsste ich jetzt die Socken komplett ohne Noppen versuchen.

Halt, Moment. Gab es da nicht eine Krankheit, die sich SSS nannte? Second Sock Syndrome? Die unerklärliche, lähmende Müdigkeit, die sich einstellt, wenn man einen Socken schon fertig gestrickt hat, alles kennt und weiß und dann noch einmal GENAU DASSELBE stricken soll?

Im Moment geht es ja nur um zwei Socken, aber bei drei hört der Spaß auf.

Ich weiß schon, warum jemand die Zauberschlinge erfunden hat und die Möglichkeit, zwei Socken gleichzeitig zu stricken. Gar nicht so dumm:


Sommersocken aus Regia 4-fädig in blass-orange
(aus dem unerschöpflichen Wollvorrat)

Nur geht das eben nicht, wenn man zwischen den Nadeln verzopfen muss. Naja, es geht schon, aber nur, wenn man das Gefühl hat, man würde noch nicht alle Schimpfwörter dieser Erde kennen. Denn danach, so viel sei versichert, hat man sie alle verwendet.

Woher ich das so genau weiß? Nur so ein Gefühl.