Montag, 6. Dezember 2021

Kapitel 169 - Die Gehirnforschung und ich

Fangen wir mal ganz klassisch an, denn wie war das doch gleich mit Bildern und Worten?


Tja, das, meine sehr verehrten Leserinnen und Leser, ist mein aktuelles Strickprojekt. Und zwar einzig und allein, weil ich mir selber damit einen Beweis für die aktuelle Gehirnforschung liefern wollte. Wie das denn, bitte?


Seit einigen Jahren gibt es den schönen Begriff der Neuroplastizität oder auch neuronalen Plastizität. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Gehirn in der Lage ist, immer und in jedem Alter neue Bahnen zu legen, Synapsen zu verknüpfen, Areale zu aktivieren. Und zwar auch ohne dass bereits eine Bahnung in eine bestimmte Richtung in frühester Jugend gelegt wurde. Mit anderen Worten, Hänschen lernt, aber der alte Hans kommt auch noch ganz gut mit.


Die einzige Voraussetzung dafür ist, dass man eben etwas Neues probiert. Klingt logisch.


So habe ich ja auch nach langer Verweildauer irgendwann meinen Platz auf der Sockeninsel verlassen und mich an Pullover gewagt. Und kaum hat man ein paar hübsche (einfache!) Raglanpullis hinter sich, sind Pulloveranleitungen auch kein Buch mit sieben Siegeln mehr. Die Bahnung ist gelegt, meine Synapsen feuern mit. Soweit, so gut. Aber da müsste doch noch mehr gehen.


Und wie es häufig so ist, hat man mal selbst einen Gedanken gehabt, dann läuft einem dieselbe Idee auch auf anderen Kanälen über den Weg (ist natürlich auch schon längst erforscht).


Kanal 1: die berühmten Grocery Girls, die in ihrer Ravelry-Gruppe kürzlich abgefragt haben, womit man selbst neu begonnen hat, da die eine von ihnen jetzt gerade erst mit Kreuzstich angefangen hat. Und wo eine der ersten Antworten bereits davon gehandelt hat, wie man spüren kann, dass neue Verbindungen im Hirn aufgebaut werden. Da will ich mit!


Kanal 2: na klar, der Frickelcast. Die beiden freundlichen Damen haben die neue Pascuali-Kollektion (Vorsicht, Ravelry-Link) vorgestellt, und ich habe mich tatsächlich Knall auf Fall in das Modell Orchideja (Vorsicht, Ravelry-Link) verliebt. Schockverliebt, wie es so schön heißt. Aber Intarsia? Echt jetzt? Das schaffe ich ja nie.


Na, da muss eben die nötige Motivation her.


Dazu passte dann natürlich auch, dass gerade mein schöner Oktober-Knitalong, Stephen Wests Mysteryshawl zu Ende war, der wie immer mit den eigentlich Furcht einflößenden Worten: "substantial leftovers", also "nicht geringe Menge an Restwolle" geendet hat.


Ich hatte also viel schöne Lieblings- und Erinnerungswolle übrig und ich hatte noch nie so richtig Intarsia versucht. Na dann, nix wie los!


Was einem aber niemand erzählt, ist natürlich, dass sich dieses Plastilin im Kopf nur sehr zäh bewegen lässt. Es ist keinesfalls ein Kinderspiel, neue Sachen zu lernen. Da muss man sich reinfuchsen, mit tausend Fäden hantieren und darf nicht verzweifeln. (Hier empfehle ich noch einmal einen kurzen Blick auf das Bild ganz oben)


Und da ist Hänschen dem alten Hans eben doch ein bisschen überlegen: ein bisschen mehr Mumm und Unverfrorenheit hat er schon, verglichen mit jemand, der nicht zum ersten Mal gescheitert ist. Aber: das wäre doch gelacht! So schnell wird nicht aufgegeben.


Was hilft, ist ein hübsches Chart mit genau 81 Runden, die ja wohl zu überleben sind. Gerade habe ich die 26. Runde überstanden, geht doch!


Und nächste große Ziel ist schon in Sicht: ein All-over-Zopfmusterpulli. Immer her mit den neuronalen Bahnungen!


Aber jetzt muss ich mich erstmal um Runde 27 kümmern. Was muss ich machen? Noch ein paar Fäden mehr für die Runde mit dazunehmen? Ach je, worauf hab ich mich da eingelassen?