Montag, 22. September 2014

Kapitel 102 - vom Wetter und seinen Folgen

Was mich immer wieder amüsiert sind die freundlichen Nachfragen, die auf die Erwähnung meines Urlaubsziels folgen.

'Echt? Ihr wart in England? Regnet's da nicht die ganze Zeit?'

Na klar regnet's da, aber es hört eben auch gleich wieder auf. An den allermeisten Tagen ist es sogar schön. Bewölkt, das ist ja klar, oder mal ein bisschen nieslig, aber doch schön. Immer wieder Sonne, und vor allem auch nie so richtig kalt, sondern eigentlich sehr angenehm. Da steckt man das bisschen Regen problemlos weg.

Der Himmel ist irgendwie näher, präsenter, die Wolken sind größer. Da merkt man auch so richtig, was sich da oben am Himmel eigentlich ständig tut. Den geneigten Lesern in Küstennähe erzähle ich da sicherlich nichts Neues, aber für eine alte Landratte wie mich, die (leider) weit, weit weg vom Meer wohnt, ist das schon ein erhebendes Gefühl.

Und jetzt bin ich also zurück auf dieser Landmasse und muss hören, dass hier der Sommer auch eigentlich gar nix gewesen ist - keine stabile Gutwetterlage, die sich für Freibadbetreiber rechnen würde. Der einzige Unterschied zu England ist offensichtlich, dass man sich dort von vornherein darauf einstellt. Also ein echter Standortvorteil.

Besser wird es jetzt aber auch nicht mehr - die Freibadsaison ist vorbei und die Kinder werden in der Früh mit langen Hosen und Regenjacken in die Schule geschickt, auch wenn sie an manchen Tagen wutschnaubend und mit zerknüllter Jacke im Ranzen wieder heimkommen, weil plötzlich die Sonne doch noch durchgebrochen ist und sie sich folglich 'kaputtschwitzen'. Man kann als Mama eben nicht alles vorher wissen und wenn es kalt ist, dann ist es gleich sauber kalt oder schattig, wie man hierzulande sagt.

Aber man kann dafür sorgen, dass es trotz der Kälte zu Hause richtig gemütlich wird. Die Decken sind immer zwar noch im Werden (es geht voran, Bericht folgt demnächst), aber den Ofen gibt es das ganze Jahr über.

Also los:

Kochbuch aufgeschlagen:



Dieses Buch hab ich ja schon mal erwähnt - man kann deutlich sehen, warum dies mein Leib- und Magenkochbuch ist. Es sieht mittlerweile etwas anders aus, aber ist sicherlich immer noch empfehlenswert. Die Weihnachtsplätzchen, die Kuchenrezepte sowie natürlich die Klassiker wie Sauerbraten und Königsberger Klopse oder alles, was man sonst irgendwie nicht richtig kann (ich zumindest) - bestens erklärt und lecker.

Daneben wird dieses moderne Buch zu Rate gezogen:



Hier kann ich vor allem das Rezept für normale Pizza empfehlen. Das gelingt sehr gut und der Teig schmeckt toll. In den Kommentaren der Netzwelt scheiden sich die Geister bei einigen Rezepten (die Mayonnaise-Muffins sind wirklich grauenhaft, es gibt kein anderes Wort), aber ich hab einige Rezepte von meiner Freundin testen lassen, die selbst ein Expertin auf diesem Gebiet ist, und es ist mit diesem Post-It zurück gekommen:



Mehr kann man nicht verlangen und genau für diese Art Rezepte hab ich mir das Buch auch gekauft.

Na, dann:

Butter kleinschneiden.



Eiswasser herrichten.



 Mehl abwiegen.



Instant-Mehl gibt es bei mir momentan aus dem Grund, weil meine Küchenmaschine kaputt gegangen ist. Das Rührgerät hat schon seit Jahren keine Knethaken mehr und so mache ich alles mit der Hand. Das geht am besten mit Instant-Mehl, denn es verbindet sich wunderbar (da hält die Packung wirklich, was sie verspricht).

Äpfel schälen und schnipseln:



 Und schließlich die Eier.



Wie vorsichtig man ein Ei anfassen muss, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Es sind auch nur zwei bisher auf dem Boden gelandet - ein echter Lernerfolg!



Die Damen dürfen den Rührteig machen (aus dem Stuber-Buch) und sie streiten auch fast gar nicht. Ganz im Gegenteil gelingt schon ein bisschen Teamwork, ich muss nur eingreifen, als der Teig zu schwer wird.



Das Ergebnis ist der übliche Kastenkuchen, der aber natürlich gerade deshalb so gut schmeckt, weil es der erste gemeinsame Kuchen ist.



Auch die Pie gelingt wie geplant. Die Verzierung durften die Damen anbringen und es ist ihnen hoch anzurechnen, dass überhaupt noch genügend Teig für eine Verzierung übrig geblieben ist.



Es folgt der Antiklimax. Aus dem Hefeteig sollten Bagels werden - Teig gelungen und dann von den Damen zu Bagels gerollt - ich aber hab sie im Übereifer zu früh und viel zu lange in den Backofen gestellt (klassischer Fall von überambitioniert, wenigstens das sollte ich eigentlich von meinen Strickabenteuern mittlerweile kennen!). Es wurden steinharte Geschosse, über die noch viel gelacht wurde. Aber uns wurde warm dabei, und das ist schließlich die Hauptsache!



Fazit: Mission gelungen, der Kälte wurde bestens getrotzt. Und jetzt geh ich mich mal umsehen, was Ihr anderen bei dem Wetter so treibt.

Donnerstag, 18. September 2014

Kapitel 101 - von der Evolution

Bei mir beginnt das Jahr im September - gefühlt zumindest. Das war schon zu Schulzeiten so und ist es jetzt wieder, denn bei mir hat ja die Schule wieder angefangen, seit die Damen jeden Morgen pünktlich mit ihrem Ranzen davonspazieren.

Meine Projekte, meine Lektüre, einfach alles plane ich immer von Herbst bis Sommer. Der Urlaub ist das natürliche Ende meines Jahres, nicht ein paar Raketen an einem vernebelten, kalten Dezemberhimmel. Abgesehen davon, dass ich ja sowieso nie Raketen kaufe oder abschieße - ich seh' sie mir an und setze das Geld im Kopf in Wolle um - geht es nach einer Silvesterparty eigentlich weiter wie bisher.

Aber im Herbst! Da geht es los - da werden Pläne geschmiedet. Da werden gute Vorsätze gefasst (mehr Schreiben, mehr Sport, mehr Stricken). Da werden der Schreibtisch aufgeräumt und die Strickkörbe durchwühlt. Da wird der Stash neu sortiert bzw. es werden für die überzähligen Knäuel neue Boxen angeschafft. Da wird sogar darüber nachgedacht, endlich die Stash-Funktion auf Ravelry zu nützen. Ich sehe den Sinn, aber ich weiß auch, dass ich wahrscheinlich wirklich lang brauchen würde, bis ich alles einigermaßen sinnvoll eingegeben habe.

Aber mich überzeugt das schnelle Auffinden, wenn ich die Boxen endlich nummeriere und dann per Mausklick weiß, dass sich dieses Souvenirgarn aus Hay-on-Wye in der Box XY befindet:



Blaues Sockengarn mit kleinen Fitzelchen am Garn, handgefärbt (Ja, ich weiß, ich habe letztes Jahr schon so einen Strang gekauft, aber den hab ich verschenkt und ich wollte so gerne noch einen für mich haben).



Lace-Garn in Seide. Fühlt sich großartig an. Sowas hab ich noch nie verstrickt und will daraus ein tolles Tuch machen.

Ein Tuch? Moment mal, ich bin doch Sockenstricker und kein Tuchstricker.

Na, und das ist es eben. Ein Evolutionsschritt, den ich gerade an mir selbst beobachte. Ich fühle, wie ich mich als Stricker verändere. Das ist ein ähnliches Gefühl wie damals, als ich zum ersten Mal auswendig und ohne Blick ins Buch eine Ferse gestrickt habe. Endlich begriffen, dachte ich mir und gleich den zweiten Socken angeschlagen um den Kick noch einmal zu spüren.

Und jetzt bin ich offensichtlich drüber weg.

Als Erdbeerzeit war und ich ganze Nachmittage auf dem Erdbeerfeld und ganze Abende mit dem Marmeladekochen verbracht habe, war irgendwann ein Punkt erreicht, den eine englische Freundin strawberried out nannte. Ich hatte plötzlich genug vom Pflücken und Einkochen. Wenn Marmelade, dann bitte eine andere (es wurde Aprikose).

Genau das passiert mir jetzt wieder, denn ich bin unversehens in eine neue Phase der Stricksachen-Beendigung geraten. Ein seltsames Gefühl. Ich merke, dass ich um jeden Preis möglichst alle meiner aktuellen herumliegenden Projekte (die bei Ravelry vermerkten und die geheimen - ja, ich bin komisch!) möglichst sofort beenden will und stricke also ein Paar Socken nach dem anderen fertig, ohne ein neues anzuschlagen.

Meine Mickey-Maus-Socken für den Schwager, die seit Jahren auf die fehlende Stickarbeit gewartet haben: fertig.



Meine Rosen-Socken mit der gemusterten Sohle und den aufgestickten Blütenstempeln: fertig.



Meine Bofur-Socken, ein Reste- und Hobbitfanprojekt in einem: fertig.




Und bei all dem habe ich kein einziges neues Paar begonnen, obgleich das neue Jahr der Sock Challenges bei den Sock Knitters Anonymous schon längst begonnen hat (auch im September!). Der Wahnsinn.

Werde ich als Stricker also endlich erwachsen? Übernehme Verantwortung für meine zahllosen Ufos? Ist das die (R)Evolution?

Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass mir statt Socken eine ganze Reihe von anderen Sachen vorschweben. Tücher, Schals, und endlich Jacken.

Vor allem Jacken könnte ich wirklich gut gebrauchen und hab auch schon an die 200 mit Herzchen bedacht. Sogar Wolle hab ich eigentlich schon. Und ich hab Tina im Ohr, die mich schon einmal sehr lieb per Mail gecoacht hat, endlich damit anzufangen (Danke nochmal!).

Also dann nichts wie weiter an die Nadeln und mehr Ufos beendet. Mein Ziel sind alle bis auf das eine Paar für den öffentlichen Nahverkehr und das Wartezimmer. Ich fühle sogar, dass dies eine Befreiung sein könnte. Vielleicht bin ich socked out. Vielleicht ist es wirklich eine Evolution. Aber es fühlt sich jedenfalls gut an. Damit also ran an die nächsten:



Und die Sockenwolle aus dem Bild oben? Das Souvenir aus dem Urlaub? Das hab ich in meinem Kopf schon zu einem Tuch verarbeitet. Ich bin eine andere, glaubt es mir! ;-)

Mittwoch, 3. September 2014

Kapitel 100 - in dem es um ein Déjavu der schönsten Sorte geht,

nämlich Urlaub!

Kaum war ein Jahr so stressig wie das vergangene, sehnt man sich heftiger denn je nach einem Urlaub. Und kaum war ein Urlaub so wunderbar wie der vergangene, will man diesen unbedingt wiederholen.
Was man schließlich auch getan hat.

Sollten die geneigten Leser dieser Ergüsse schon letzten Sommer gelesen haben, wohin es mich verschlagen hat (wenn es solche Leser gibt: danke, danke, danke!!!), dann ist dieser Sommer keine Überraschung gewesen.

Wieder England. Wieder Hay-on-Wye. Wieder London. Es war herrlich.

Für die Damen war es schon deshalb besonders nett, weil es uns dieses Mal gelungen ist, ein paar Tage in Eastbourne vorzuschalten, so dass sie nach Herzenslust im Wasser planschen konnten, bevor sie von einem (Buch)laden zum anderen geschleppt wurden. Als Ansässige des südlichen Deutschlands mit (zu) großer Entfernung zu jeglichem Meer in jedweder Richtung, waren sie auch gebührend beeindruckt:



Die notwendigen Utensilien waren schnell besorgt und die Freude grenzenlos:



Da es sich um Eastbourne handelte, war auch das Pier ein solche trauriger Anblick, wie es die Nachrichten hierzulande zuvor angedeutet hatten. Sehr schade:


Mittlerweile ist es wohl schon notdürftig geflickt und wieder eröffnet, wie uns erzählt wurde, denn am Ende des Piers befinden sich ein Nachtclub sowie diverse andere Lokalitäten, die sich einen längeren Ausfall während der Urlaubssaison kaum leisten können. So weit hat das Feuer auch nicht gereicht.


Zur Inspiration haben wir überdies einen Abstecher nach Lewes gemacht, um dies hier zu besichtigen:



Es gibt dort einen wunderschönen, riesigen Garten (na, England eben) zu sehen:


Und natürlich das berühmte Gartenhaus, im dem man nur durch einen Glasscheibe den berühmten Schreibtisch sehen kann:


Überall sitzen zudem sehr freundliche Damen, die über allerlei Kuriositäten Auskunft geben können, etwa das Aquarium, in dem Goldfische aus dem Teich gesund gepflegt wurden, oder über diese Tierfreundlichkeit - komplett beschriftet:


Endlich in den walisischen Bergen in der Nähe von Hay angekommen, wurde dieses Jahr erfolgreich ein Berg erklommen. Naja, aus dem Blick des Süddeutschen vielleicht doch eher ein Hügel, aber es war ein herrlicher Tag:



Ein Souvenir hab ich mir nicht verkneifen können. Aber es ist auch zu schön:


Und was hat das Ganze jetzt mit meinem Hobby zu tun? Viel!

Ich habe nämlich vernäht. Überall. Auf dem Schiff.



 Am Strand.




Na gut, beim Wandern nicht, aber das ist nur der Unmöglichkeit geschuldet, eine Menge Garnrestchen vor dem Wind in den Bergen von Wales zu bewahren.

Dafür habe ich sie im Ferienhaus fleißig gesammelt:


Noch mehr Spaß macht es natürlich die fertigen Fleckerl aufzustapeln:






Insgesamt wurden fast 1000 Fäden vernäht! Und das nur, weil ich eine Menge überzählige Squares schon gehäkelt hatte, bevor ich das hübsche Apricot bekam, das die Garnfirma Junghans leider nicht im Programm hat. Ich hab hier statt Poco einfach Stylecraft Special DK genommen, und es hat bestens funktioniert. Mittlerweile sind die beiden Garne auch preislich identisch, so dass ich für einen nächsten Fall wohl wechseln würde. Mehr Auswahl, mehr Farben.

Kaum zu Hause - nach dem obligatorischen Waschmaschinen-Marathon, der auch beileibe noch nicht zu Ende ist - wurden alle Fleckerl ausgelegt und nach einigen stilistischen Diskussionen mit der betreffenden Dame (es hat auch Nachteile, wenn sie größer werden) bereits zusammengefügt. Ich folge dieser Methode, und um es mit den Engländern zu sagen: It works like a dream.

Bilder folgen!