Montag, 26. Mai 2014

Kapitel 92 - der Virus wird verbreitet!

Wenn man Kinder hat, zumal Mädels, dann kommt irgendwann der Tag, an dem man hofft, diese Kinder mögen irgendwie ein Interesse an den eigenen Vorlieben entwickeln.

Und sei es auch nur aus dem Grund, dass sie dann vielleicht lieber auf diverse Wollmärkte und Festivals mitgehen, wo sie selbst mit großem Vergnügen Wollknäuel knautschen und Filzdecken streicheln wollen.

Nun ist es ja nicht so, dass die Marktveranstalter hier nicht das ihrige dazutun, z.B. in Benediktbeuern. Die Damen durften dort bislang bereits mit Filzperlen Ketten fädeln und auf Pappscheiben kleine Deckchen weben. Was sie auch gerne getan haben, während ich in aller Ruhe an den Ständen vorbeiflanieren konnte.

Nichts aber kann den Versuch aus eigenem Antrieb ersetzen. Schon seit längerer Zeit gehören Stricklieseln mit dazugehöriger Wolle zu unserer Ausrüstung für den öffentlichen Nahverkehr (funktioniert großartig), aber dieses Jahr hat die Nachbarin den richtigen Riecher gehabt und Folgendes zum Geburtstag präsentiert:

In der Farbe Limette sowie Pink mit dazugehöriger Nadel:


Nun hat es zwar eine Weile gedauert, aber meine Begeisterung für Häkelquadrate hat dazu beigetragen, dass der Ruf "Mama, ich will auch." immer lauter geworden ist.

Die Oma hat dann eines Nachmittags mit einer Luftmaschenkette gemäß Kopfumfang begonnen - von den Damen mit "Kann ich ja eh schon, ist ja babysch" kommentiert - und zu Hause wurde fröhlich weitergehäkelt.

Das einzige, was mir zu tun übrig blieb, war ein paar weitere Maschenmöglichkeiten (feste Maschen, halbe Stäbchen) einzuführen sowie aufzupassen, wann eine Abnahmerunde fällig war.

Und nichts bereitet einen auf das Vergnügen vor, zu sehen, wie die kleinen Hände, die man sonst nur als verklebte Patscher kennt, plötzlich völlig selbstverständlich den Faden aufnehmen und die Häkelnadeln gekonnt schwingen.

Da entringt sich ein tiefer Seufzer der mütterlichen Brust, die auf ungefähr das Doppelte anschwillt. Wahnsinn! Eben erst das kleine Würmchen und jetzt schon die coole Häklerin!

Und weil bei Zwillingen selten etwas parallel verläuft, es immer aber ein doppeltes Vergnügen ist, unterhält uns die andere Dame, indem sie aus ihrer aktuellen Lieblingslektüre vorliest:


Besser geht es kaum.

Oder, was meint ihr?







Design by doing. Die kleinen Beulen im Gehäkel sind 'natürlich' völlig gewollt und geben der Sache erst den richtigen Pfiff, da waren wir uns einig ;-)
Für die Schulgarderobe hab ich nur noch ein kleines Namensetikett eingenäht. Fertig.

Sonntag, 18. Mai 2014

Kapitel 91 - ich bin dabei!

Es ist hier ja schon öfter die Rede gewesen von der großen weiten Welt der Handarbeiter. Von dem Vergnügen, zu sehen, wie es den anderen Wahnsinnigen bei ihrem Hobby geht. Von der Freude, die von tollen Projekten ausgeht und den Ideen, die man dadurch für sich selbst und sein Hobby bekommt. Alles großartig.

Aber jetzt! Jetzt bin ich sogar selbst dabei - und schuld ist ein Mandala! Es handelt sich zunächst um das große Starflower Mandala, das in den Weiten des Netzes schon von vielen Leuten gehäkelt wurde.

Hübsch, dachte ich mir, aber - ganz ehrlich - was soll ich damit? Was macht man mit so einem Riesending (Durchmesser 50cm), wenn es fertig ist?
Wollbergabbau ist ja gut und schön, aber dann braucht man ja wieder eine Idee für einen Projektabbau!

Eine tolle Idee hab ich dann in diesem Projekt gesehen: auf Draht gespannt als Wanddekoration. Nicht übel! Das würde mir durchaus gefallen, z.B. fürs Kinderzimmer.

Dann hatte Lucy von Attic24 die Idee, diese Mandalas auf einen Hula-hoop-Reifen zu spannen, und zwar als Dekoration für einen Stand auf einer Garnmesse. Na, da kommen wir der Sache schon näher.

Und schließlich folgte der Aufruf, sich selbst zu beteiligen. Häkle ein Mandala und schick es ein.

Das ist es, dachte ich mir. Ich darf ein Mandala häkeln und muss mir nicht überlegen, wohin dann damit, sondern bin sogar noch Teil eines riesigen Kunstprojekts auf einer tollen Garnmesse. Cool!

Für die Mandalas gibt es mehrere Tutorials in den Seiten des Netzes, denn es soll eine bestimmte Größe nicht überschreiten, aber ich hatte Lust, selbst was auszuprobieren und hab stattdessen meine Häkelbücher durchforstet.
Besonders zu empfehlen ist dieses Buch:



Vor allem das Muster rechts unten hatte es mir angetan. Die Anleitung war dann leider weniger verständlich (oder - wahrscheinlicher - meine Häkelkenntnisse reichen einfach noch nicht so weit).

Dann hab ich auch noch dieses Buch durchblättert:



Auch eine Fülle von Ideen, aber so ein richtiges Mandala war nicht dabei.

Aber mittlerweile hatte ich ja schon so ungefähr eine Ahnung, was ich machen wollte und daher hab ich einfach zootyowls Methode verwendet und nach jeder Runde gemessen.

Los ging's mit einem Baumwollemischgarn, das ich ursprünglich für ein völlig anderes Projekt aus diesem Buch gekauft hatte:



Aber jetzt war nicht die Zeit für irgendwelche mp3-Hüllen, jetzt musste ein Mandala her:



Los ging's mit petrol, lila und weiß. Es macht unglaublich Spaß zu sehen, wie sich die einzelnen Farben verhaken.
Dann ein Reliefstäbchen. Was ist das? Schnell im Häkellehrbuch nachgeschlagen:


und dann weiter im Text. Nachmessen nicht vergessen und schon nach kurzer Zeit ist so ein Mandala fertig. Handarbeit mit sofortiger Belohnung!



Noch ein hübsches Foto draußen bei Tageslicht, dann Fäden vernähen und weiter.




Um das Mandala an seinem Bestimmungsort anständig aufhängen zu können, wurde im Aufruf darum gebeten, es irgendwie zu stabilisieren. Empfohlen wurde ein Bastelkleber, der - auf die Rückseite aufgetragen - beim Trocknen durchsichtig wird und alles stabilisiert.

Ich bin daraufhin also in unseren Bastelladen spaziert und hab mir was empfehlen lassen:



Art Deco Kleber von efco, der offensichtlich auch dazu verwendet wird, aus Häkeldecken Schalen zu machen, weil er so fest wird beim Trocknen. Die wahnsinnigen € 10.50, die das kleine Fläschchen gekostet hat, hab ich schnell verdrängt und mich damit herausgeredet, dass ich einen schwächelnden Laden unterstützt habe. Immerhin hab ich noch einen Bastelladen mit großer Auswahl am Ort, das ist doch mal was! (Von den Buchläden kann man das leider nicht sagen. 37.000 Einwohner und von ehemals drei Buchläden ist noch einer übrig - Internet ist manchmal echt blöd).

Na, aber jetzt zurück zum Mandala:



Mandala, Unterlage, Pinsel und Kleber liegen bereit. Die Sache ist ein wenig pfriemelig, weil der Kleber wahnsinnig flüssig ist und man ihn irgendwie eintupfen muss (stencil-artig), aber man nicht genau weiß, wie viel zu viel ist. Zum Glück hab ich Baumwolle genommen, bei Polyacryl-Garn wüsste ich gar nicht, wie das reagiert.
Endlich fertig:



Über Nacht auf der Fensterbank getrocknet sieht das Ganze so aus. Fertig zum Aufhängen.




Jetzt nur noch in Seidenpapier einschlagen.



Karte dazu mit Name und Herkunft des Mandalas



und ab geht die  Post:



Ist das nicht cool?

Die ersten Mandalas sind schon in England angekommen und ich werde die nächsten Tage damit verbringen, auf Pinterest nachzusehen, wann mein eigenes auftaucht.

Noch sind es reichlich wenig aus unserem Teil der Welt, aber wer weiß, vielleicht ändert sich das demnächst?

Ach, und wer sich jetzt immer noch fragt, wofür das Ganze gut ist, für den hat Lucy auch eine Antwort gefunden. Ich übernehme einfach den Link. Ergebnis: Mandalas sollen gar nichts.

Sie sind hübsch, sie machen gute Laune und ihre schönen Farben beruhigen die Nerven. Das ist doch heutzutage auch schon eine ganze Menge wert, oder?



Montag, 12. Mai 2014

Kapitel 90 - ich häkle noch

Granny Squares machen süchtig. Das ist Fakt. Aber es ist auch kaum verwunderlich, wenn sich daraus so hübsche Lehren für das Umgehen mit Farben ziehen lassen:



Hier ist der Effekt noch gar nicht so deutlich, aber seht mal:



Das sieht fast aus, als wären das zwei völlig unterschiedliche Quadrate. Sie sind aber doch mit den gleichen Garnen gehäkelt. Noch ein Beispiel:


Damit wären wir also bei meiner Hauptfaszination: Drei verschiedene Farben ergeben sechs verschiedene Möglichkeiten und unglaublich tolle Quadrate:
  

Diese folgende Kombination erinnert mich z.B. an meine Kindheit. Siebziger Jahre total!


Außerdem kann man ganz schön sehen, wie ich die sechs Quadrate mittlerweile professionalisiert vorbereite. Zuerst sechs kleine Mittelstückchen, die dann auf den Einsatz der äußeren Farben warten.

Fröhlich füllt sich inzwischen meine Schachtel. Ich brauche 36 Sechserpäckchen, dann kann ich sie auslegen und anfangen zusammenzuhäkeln.



Doch halt. Ganz so schnell geht es leider doch nicht. Was ist mit der Rückseite?



Genau. Die Fäden. Die wollen alle vernäht werden. Acht Fäden pro Fleckerl. Seufz.

Aber ich habe schon festgestellt, dass sich dieses Vernähen sehr gut für den öffentlichen Nahverkehr eignet. Man braucht nicht viel Platz, kann flott arbeiten und muss eigentlich nur aufpassen, dass die abgeschnipselten Fäden nicht auf dem Boden landen.

Die relevante Dame, für die diese Decke gedacht ist, konnte sich nach Fertigstellung des letzten Fleckerls doch nicht zurückhalten und musste alle einmal auslegen:



Das sieht doch mittlerweile aus wie eine richtige Decke, oder? 12x18 Quadrate - gerade groß genug für eine Extra-Winterdecke im Kinderbett - macht 216 Quadrate (36 Sets).

Da ich so viele verschiedene Farben verwendet habe, sind ein paar Kombinationen noch ungehäkelt - mal sehen, ob ich dann noch weitere brauche, wenn ich sie fertig zusammenhäkle. Es soll ja ein kunterbunter Look werden - da geht es also um das Hinpuzzeln, aber vielleicht dann auch um bestimmte Farben, die 'gefühlt' zu häufig oder zu selten vorkommen.

Weiter geht's mit der Pastelldecke. Hier bietet meine gewählte Junghanswolle genau fünf verschiedene Farben an.



Daraus lassen sich - wie bereits erwähnt - 60 verschiedene Quadrate häkeln. Davon je drei sind 180 Quadrate plus die restlichen zweifarbig, damit wieder die 12x18 also 216 erreicht werden kann. Gesagt, getan.

Aber dann gibt es hilfsbereite Häkler aus anderen Ländern, die mir diese Qualität empfohlen haben. 59 verschiedene Farben! Das ist der Himmel!

Und wie man oben sieht, passt das gewählte Apricot auch ganz gut zu den übrigen Pastellfarben. Zuerst war ich unsicher (rosa neben apricot???), aber es hilft, wenn man die Knäuel einfach eine Weile nebeneinander liegen lässt.

Was ich dann allerdings nicht berücksichtigt hatte, war die Tatsache, dass ich ja schon meine Anzahl an notwendigen Squares gehäkelt hatte, bevor die neue Farben eintraf.

Denn die neue Rechnung lautet: 6x5x4 verschiedene Quadrate, also 120. Da brauche ich also nur noch zwei pro Kombination und hab am Schluss sogar welche übrig.

Also fröhlich drauflosgehäkelt und neue Kombinationen probiert. Bei mir sieht es mittlerweile so aus:







Das Apricot geht bedenklich zur Neige, aber das hatte ich mir schon gedacht. Für die Zielmarke von 216 Quadraten insgesamt sollte es allerdings reichen.


Und weil ich schon so in Fließbandstimmung war (und außerdem das Knäuel beim Versuch den Anfang in der Mitte zu finden explodiert ist wie das Alien aus John Hurt), hab ich erst einmal alle  Mittelstückchen gehäkelt.




Da ist es dann passiert. Mir ist das Weiß ausgegangen. Auf der Zielgeraden!

Und jetzt kann ich nicht einfach ein paar Extraknäuel bestellen - nein, jetzt muss ich mir die Farbkombinationen für mein nächstes Häkelprojekt überlegen, denn die Versandkosten sollen sich ja lohnen. Diese neue Decke soll ja zu meiner eigenen Couch passen. Eher dunkel, nicht zu knallig. Aber auch nicht langweilig.

Ich grübel dann mal.

Montag, 5. Mai 2014

Kapitel 89 - ich bin nicht allein!

Jeder, der schon mal in Effi Briest hineingeschmökert hat (oder in der Schule damit gequält wurde), der weiß, dass der alles entscheidende Satz vom Baron von Innstetten gesprochen wird: "Man ist nicht nur ein einzelner Mensch."
Was sich im weiteren Verlauf des Romans allerdings zur Katastrophe entwickelt, ist für uns Stricker ein Glück.

Zum Glück sind wir nicht allein! Zum Glück können wir all die unglaublichen Projekte und Ideen sehen, die andere Wahnsinnige bei sich zu Hause ausprobieren. Einsam und allein? Wir nicht.

Das kann man beispielhaft an denjenigen Ravelry-Projekten sehen, deren Zahl locker fünfstellig ist.
Monkey Socks Socken: 17923 Projekte (aktuell)
Color Affection Tuch: 11505 Projekte (aktuell)
Baby Surprise Jacket Babyjackerl: 21588 Projekte (aktuell)

Da können wir ganze Tage und Wochen damit verbringen, uns durch jedes einzelne Projekt zu klicken, um zu sehen, wie 'die anderen' das gemacht haben. Welches Garn? Welche Nadelstärke? Welche Schwierigkeiten? Welche Veränderungen?

Es ist herrlich. 

Mit großem Bedauern fällt mir da eine Dame aus meinem VHS-Kurs ein, die sich immer noch strikt weigert, das Internet überhaupt auszuprobieren. Allerdings mit der interessantesten Begründung: Sie wisse nämlich jetzt schon kaum, wie sie sich angesichts der vielen Angebote und Anleitungen entscheiden sollte, da würde sie das Internet sicherlich noch viel mehr in Versuchung führen.

Wohl wahr. Ich selbst hab mich mit Hilfe des Internets ja wie bereits erwähnt, ans Häkeln gewagt; jetzt, wo es draußen langsam wärmer wird, überlege ich ernsthaft, ob ich mal eine Solarfärbung versuchen sollte (die Aussicht, hier ganz geschickt die beiden Damen miteinzubinden, ist natürlich auch verlockend) und dann gibt es ja noch das berühmte planned pooling - vom Wollfrosch bereits getestet und für jeden Fan von selbstgefärbter Wolle auch mal einen Versuch wert.

Und obgleich ich meistens im Internet unterwegs bin, um mir hier neue Ideen zu holen, um Anleitungen zu finden, etc., kann ich doch nicht von meinen alten Schätzen lassen. Ganz im Gegenteil freue ich mich immer sehr, wenn ich was Neues (Altes) finde. Von diesen Schätzen gehen mir beispielsweise immer noch Band VII und VIII ab, aber die finde ich schon mal irgendwo:



 Ja, und die falsche Sortierung rührt natürlich daher, dass ich sie gerade eben erst wieder einmal aus dem Regal genommen habe, um sie mit neuem Blick (auf Grund der gerade erworbenen größeren Häkelfertigkeiten) durchzublättern. Werde ich gleich wieder richtig einordnen ;-).

Was ich aber eigentlich zeigen wollte, ist das hier. Denn Tina hat natürlich völlig recht mit ihrem großartigen Strickarchiv. Man muss die Sachen aufheben.

Und weil ich kürzlich auf dem Flohmarkt über Folgendes gestolpert bin:

hab ich's natürlich auch sofort mitgenommen. Denn was ist es? Seht mal:




Ein selbstgeschriebenes und selbstgezeichnetes Büchlein über das Nähen. Das kann man doch nun wirklich nicht in die Müllverbrennungsanlage werfen lassen! Oder shreddern und vermusen, um daraus Klopapier herzustellen.

Mein zweiter Fund war dieser hier:



Ein Vorlagenbuch für Nadelmalerei:


Fürs Stricken noch am ehesten interessant ist dieses Büchlein mit Kreuzstichvorlagen. Vieles davon lässt sich wahrscheinlich auch für Jacquardprojekte verwenden, oder ist einfach nur inspirierend:





Aus den bereits erwähnten Archiv und Rettungs-Gründen hab ich dann schließlich auch dieses Büchlein mitgenommen:






Daran kann ich jetzt mal testen, wie weit es mit dieser Selbsthilfe her ist. Schließlich hat man ja auch mal einen Rock in der Schule nähen müssen und wollte eigentlich schon längst mal wieder mit dieser Beschäftigung wieder anfangen. Nicht zuletzt wegen des Internets, denn allein auf dieser wöchentlichen Leistungsschau sind jedes Mal unglaublich tolle Projekte zu sehen.

Damit ist dann der Kreis geschlossen und ich bin so froh, dass es vielen anderen genau so geht. Ich zitiere die mir völlig unbekannte Strickerin, die ganz allein eine halbe Seite in der Lesergalerie der aktuellen deutschen The Knitter bestreitet:

"Auch meine Macken sind anscheinend ganz normal: Mein 50 kg schweres Wolllager und die hohen Stapel von zum Teil uralten Strickzeitschriften."

Dem ist nichts hinzuzufügen, oder?