Der Algorithmus hat etwas angespült. Einen Zufallsfund, der aber, wie so häufig bei Strandgut, ein wahres Kleinod ist und in der Lage ist, mich zu beflügeln. Große Worte, ich merke es selbst, aber fangen wir mal ganz zu Beginn an.
Also, über meine persönliche Strickreise ist an dieser Stelle ja schon einiges geschrieben worden. Vom ewigen Sockenstricker hat mich die glücklicherweise unvermeidliche Evolution endlich zu Oberteilen schreiten lassen. Anleitungen auf deutsch und englisch, verschiedene Stricktechniken, alles lief nach Plan bzw. alles wurde nach und nach - immer mit dem nötigen Respekt und der üblichen Verzögerung (verstehe ich das auch? kann ich genug?) - in Angriff genommen.
Mittlerweile habe ich auch schon Designs von einigen der 'großen' Designer gestrickt. Na, dachte ich, da bist du aber mittlerweile wirklich vorangekommen.
Tja und dann hat der Algorithmus zugeschlagen.
Er hat mir einen Podcast einer jungen Handarbeiterin angespült, der mir erst einmal die Kinnlade offen stehen ließ. So kann man es nämlich auch machen.
Da wird mit dem Stricken und Häkeln völlig anders umgegangen. Es gibt keinen Designer-Olymp, um den man sich bemühen muss, keine 'richtigen' Garnalternativen, die man gestrickt haben muss, um dazuzugehören. Nein, von alledem hört und sieht man da nichts.
Stattdessen gibt es hier jemanden, der einfach beschließt, sich einen Pulli zu häkeln und zwar genau so, wie er im Kopf entstanden ist. Alles, was zur Verfertigung nötig ist, bringt man sich auf dem Weg zum fertigen Strick- oder Häkelstück bei. Vollkommen unabhängig von allen anderen Trends im Podiverse.
Da ist mir zum ersten Mal wieder bewusst geworden, warum man dieses Hobby eigentlich auch betreiben könnte. Nicht etwa, um die Ideen von anderen Leuten einfach zu replizieren, so hübsch das auch sein mag, nein, man bringt sich die Techniken beim, um seine ureigensten Ideen zu verwirklichen.
Das ist natürlich eigentlich gar kein so revolutionärer Gedanke, schon in der Einleitung zu Lisl Fanderls Klassiker 'Bäuerliches Stricken' geht es um "handgeschriebene[…] Musterkombinationen", die sich jemand ausgedacht hat und ganz "nach persönlichem Geschmack" ausgestaltet hat. Aber sich alles komplett selber ausdenken und dann machen? Da war mein Respekt doch zu groß.
Umso erfrischender dieser Mut, sich einfach in ein Projekt zu stürzen. Besonders haben mich die Folgen begeistert, in denen etwas aus Film und Fernsehen nachgestrickt wurde. Da wurde aus einfachen Screenshots ein richtiges Design mit eigener Anleitung, die dann nachgearbeitet wurde. Wer Lust hat, kann hier mal reinschauen. Oder auch hier, wo Mijanou erklärt, wie sie beim Designen vorgeht. Ich bin schwer beeindruckt!
Und klar, da gehen auch Sachen daneben. Da wird nicht die allerneueste Stricktechnik implementiert - die Ärmel könnte man z.B. auch von oben nach unten stricken - da werden Sachen gearbeitet, die der mittelalten süddeutschen Durchschnittsstrickerin nicht wirklich stehen oder gar passen würden - aber der Gedanke ist es, der mich begeistert. Einfach loslegen! Einfach machen! War für ein Schwung!
In der deutschen Strickszene ist Kirsten von Schul Frey auch so ein leuchtendes Beispiel. Hach, ich komme ins Schwärmen.
Und was am besten ist - die grauen Zellen fangen an zu bitzeln und zu sprühen. Ein tolles Gefühl!
Ob das was wird? Ich freue mich! |