Dienstag, 24. Februar 2015

Kapitel 112 - Tücher, Tücher, gebt mir Tücher

Mein großer Vorsatz für 2015 war ja das sichtbare Stricken. Endlich mal weg von den Socken, die zwar immer noch toll sind, die aber kein Mensch sieht auf dieser Welt (außer wenn ich ihm meine Latschen unter die Nase halte und "schau mal!" rufe).

Tücher sollen gestrickt werden. Riesige, wunderbare Tücher, die jeder sofort als handwerkliches Meisterwerk erkennen kann.

OK, wir wollen es nicht übertreiben, aber zumindest als Geduldsarbeit, die sich gelohnt hat, sollen sie erkannt werden.

Daher ist die Wahl für mein erstes Tuchprojekt eins der vielfältig im Netz herumschwirrenden kraus rechts gearbeiteten Teile, nämlich Drachenfels von Melanie Berg. Bei kraus rechts geht es mir ja meistens so, dass ich die Sachen zwar gerne haben will (sehen ja oft toll aus), aber lieber doch nicht stricken will. Soooo langweilig! Da sind mir ein paar Zöpfe oder doch ein Lochmuster wirklich lieber, da geht wenigstens was voran.

Aber Drachenfels ist ein bisschen anders, hat ein paar Streifen und ein Hebemaschenmuster. Das könnte klappen.

Weil es mein erstes 'richtiges' Tuch sein soll, hab ich mich auch für die Originalwolle entschieden, herrlich weiche RosyGreenWool. Die Entscheidung war der halbe Spaß, denn ich hab damit eine wunderbare halbe Stunde am Stand von Rosy Green Wool in Vaterstetten verbracht. Die Stränge hin- und hergelegt. Kombinationen gefunden und wieder verworfen. Aber ich hatte mich in das Brombeer echt verliebt und hab dann quasi nur Farben dazu gesucht.

Im Netz sind wirklich tolle Kombinationen zu finden, z.B. mit grün oder auch mit türkis, aber für mich war ja die Tragemöglichkeit im Vordergrund. Ein Schal für mich! Eigentlich unglaublich.

Dann sollte es auch gleich losgehen, aber - die Konstruktion von Tüchern - oje oje. Da ich mich damit noch überhaupt nicht beschäftigt habe, war es auch erst einmal schwer, aus der Anleitung herauszulesen, wie das denn nun gehen soll.

Ehrlich gesagt hab ich mich erst bei einem Mini-Knitalong mit einer Freundin dran gewagt, diese Anleitung schön langsam zu befolgen. Ich hab gar nicht verstanden, wie hier das Dreieck entstehen soll und daher einfach beschlossen, die Schritte nachzuarbeiten. So richtig mit Bleistift und Papier und Reihenzähler, damit es auch wirklich stimmt.

Gleich zu Beginn hab ich mir ganz pflichtbewusst neben die Buchstaben der Farben A, B und C meine eigenen Farben geschrieben, damit ich nur ja nicht durcheinander komme.

Farbe A: Cornish Slate


Farbe B: Isarkiesel


Farbe C: Brombeersorbet



Dann also der Maschenanschlag und die mir neue Version der doppelten Zunahmen kfabf (knit through front and back and front).



Die erste Farbkombination funktioniert schon mal ganz gut. Obwohl ich natürlich auch weiß, dass grau und grau einfach nur sehr klassisch ist und man damit eben nichts verkehrt machen kann. Aber mir gefällt's trotzdem.



Die neue Farbe kommt dazu. Meine Winter-Lieblingsfarbe Brombeere. Die Streifen machen wirklich einen Mordspaß und ich bin ganz überrascht, dass ich das ewige Rechts-Stricken gar nicht so schlimm finde, wie zu Beginn befürchtet.


Am besten gefällt mir das kleine Designelement, wenn mitten in den A/B Streifen schon die Farbe C auftaucht. Nur für zwei Reihen, und dann verschwindet sie wieder.
Das ist wirklich großartig.


Ganz am Schluss gibt es einen i-cord-Abschluss, der natürlich ewig dauert. Maschen stricken und wieder auf die linke Nadel heben und nochmal stricken? Da wird selbst der geduldigste Stricker verrückt.

Aber: es lohnt sich und sieht einfach nur toll aus.

Das Tuch ist mein wahrer Stolz geworden und hat sich sofort nach dem Stricken um meinen Hals gelegt, um nie mehr von dort zu verschwinden. So weich. So hübsch.

Und alles, was mir über das sichtbare Stricken erzählt worden ist, das stimmt: ich bin wirklich schon oft auf das Tuch angesprochen worden. Das ist mir in all den Jahren mit den vielen Socken nicht passiert. Selbst wenn ich gesagt habe, dass ich alle meine Socken selbst stricke, wurde das nur mit leicht gehobener Augenbraue wahrgenommen und nicht nachgefragt.

Ich kann nur sagen: Tücherstricken ist großartig. Und gelernt hab ich auch eine Menge!

Mein zweiter Drachenfels wird grün:



Samstag, 21. Februar 2015

Kapitel 111 - von der Freiheit

Es ging ehrlich ganz harmlos an. Ich war mit den Mädels bei Wolle Rödel, ein bisschen stöbern. Man will sie ja früh an die Herrlichkeiten gewöhnen.

Das handarbeitsaffine Fräulein wollte auch prompt ein paar Geschenke für Oma und Opa machen und durfte sich dafür Wolle aussuchen. Klar.

Dann lag da auch noch Neon-Wolle. Ist ja logisch, dass die beiden drauf anspringen - Neon ist toll. ("Mama, warum gibt's denn orange und blau nicht? Das sehe ich schon direkt vor mir!")

Also hab ich ein bisschen Wolle eingepackt, weil ich sowieso noch die Idee für eine Mütze im Kopf hatte und zu Hause drauflosgestrickt.



Leuchtende Zacken auf leuchtender Mütze. Das war gar nicht so schwer und sah wirklich knallig aus.
Die Mütze ist so beliebt, dass ich mittlerweile so seltsame Sätze wie "Mütze runter beim Essen" sagen muss und wir die Mütze jeden Morgen vor der Schule erst 5 Minuten suchen, bevor uns einfällt, dass sie sicherlich noch im Bett liegt, wo sie schlafhaubengleich das edle Kinderhaupt gewärmt hat.

Jetzt wollten wir uns natürlich noch eine andere Version ansehen:


Grün also. Funktioniert ganz ähnlich und ist auch gar nicht so übel. Das Muster ist von mir, aber die Abnahmen am Ende sind ähnlich der Anleitung für die Maschenprobe aus diesem Buch gestaltet:



Zwei Mützen sind also gestrickt. Aber da ist ja immer noch Wolle. Na klar, es fehlt die gelbe Version:



Das gibt mir auch die Gelegenheit, endlich eine andere Abnahmenfolge für den Oberkopf zu probieren. Los geht's. Den Bommel machen die Damen schon selbst und kaum strickt man nur noch Mützen, ist auch diese bald fertig:




Und jetzt? Jetzt hab ich immer noch keine eigene Mütze, denn ehrlich, Neon? Da bin ich doch schon rausgewachsen:


Mir schwebt eher eine gemäßigte Version vor, sowas in dieser Art:


Also auch angeschlagen und losgestrickt. Ich glaube, ich werde sogar auf die Zacken verzichten und stattdessen etwas anderes versuchen. Mal sehen. Das Projekt hab ich Fuzzy lines and zigzags genannt und nach den vielen Zickzacks muss ich mir schließlich auch mal ein paar Krakellinien überlegen. Und der Bommel wird nur blau und lila!



Aber jetzt ist schon Mitte Februar vorbei und Opas Geburtstag im März rückt näher. Und Omas Geburtstag war schon mit Gutschein und ohne Geschenk, weil es nicht rechtzeitig fertig geworden ist.
Da muss also wieder die Mama ran, um den viel zu ambitionierten Häkel-Cowl fertig zu machen:



Eigentlich hätte ich das Gestopsel wieder auftrennen und neu beginnen sollen, schließlich war das doch irgendwann mal mein Hobby, oder? Also schnell, schnell fertig machen. Ist ein bisschen weiter nach oben hin, aber wird auf jeden Fall warm halten und die Farben sind immer noch hübsch.

Jetzt aber der Opa. Noch ein Mütze. Aber bitte keine Zacken ("Das mag der Opa, glaub ich, nicht so.") und bitte möglichst dunkel. Auch wir haben einen dunkelblau und grau-Opa!



Je länger ich daran werkel, desto weiter und breiter kommt mir die Mütze vor. Ich werde sie jetzt aber nicht mehr auftrennen, genug ist genug. Da muss ich jetzt durch und dann ziehe ich halt zur Not ein breites Gummiband durch den Rand.
Aber das grau sieht hübsch aus, gefällt sogar mir. Das wäre auch eine gute Farbe für eine Häkeldecke.

Überhaupt muss ich an dieser Stelle eine Lanze für die Wolle Rödel Acrylwolle brechen. Tolle Qualität und pillt überhaupt nicht. Was mache ich jetzt nur mit der vielen Poco-Wolle, die hier noch auf eine Decke wartet? Die war ein Fehlkauf!

Wenigstens ist jetzt schon irgendwo ein Ende in Sicht. Ich stricke und stricke und meine Wip-Liste wird nicht kleiner, weil sie gar nicht abgearbeitet wird. Na, so geht's ja auch nicht! Das Ganze gerät irgendwie außer Kontrolle.

Aber ich sehe es als Phase. Gerade eben machen wir unser erstes Projekt aus diesem Buch:



Es wird ein Strickpüppchen und noch unterstütze ich, wo ich kann. Zunahmen und Abnahmen, Farbwechsel beim Röckchen.  Aber die linken Maschen werden schon geübt und dann bin ich frei! Hoffentlich.






Sonntag, 8. Februar 2015

Kapitel 110 - es geht schon mal gut los

Es gibt ein ganz wunderbares Bilderbuch, das bei mir und den beiden Damen so beliebt war (und ist), dass wir es regelmäßig aus der Bibliothek ausgeliehen haben:



Darin geht es um diese freundliche alte Tante Anna, die Besuch von einem unheimlichen Schwarzen Mann bekommt, der dafür sorgt, dass an diesem Tag einfach alles schief geht. Ein Stuhl bricht entzwei, der Tee ergießt sich auf den Boden und der Brunnen ist plötzlich ausgetrocknet.

Logischer ist hier der Titel der englischen Originalausgabe, denn es ist Old Man Trouble, also offensichtlich St. Fallentin/Valentin, der auch unsereins immer mal wieder heimsucht:



Dabei legt es der Besuch darauf an, dass sich Tante Anna ärgert, aber das tut sie einfach nicht, und zwar um's Verrecken nicht, egal was er versucht, weshalb er schließlich unverrichteter Dinge am Ende wieder abziehen muss.

Was lernen wir also daraus? Ruhe bewahren und nicht vergessen zu lachen, damit Old Man Trouble möglichst schnell wieder verschwindet, wenn er sich denn doch mal entschlossen haben sollte, uns heimzusuchen.

Leichter gesagt als getan! Was soll man z.B. machen, wenn man eines nachmittags feststellt, dass sich die Badtüre einfach nicht mehr öffnen lassen will?
Gut, es ist eine alte Türe, ca. 1960er, aber wieso klemmt sie plötzlich? Sie klemmt ja eigentlich auch gar nicht, sondern ist vielmehr komplett verschlossen, obwohl der Riegel nicht vorgeschoben ist. (Das ist nämlich leicht mittels Schraubenzieher zu überprüfen).

Das Schutzschild unter der Klinke wird abmontiert. Aber: nix.

Also Schlüsseldienst. Ist ja kein Feiertag, das kann ja nicht so schlimm werden.

Der Schlüsselmann kommt nach 20-40 Minuten, wie am Telefon angekündigt. Dann wedelt er mit seinen Geräten genau 2 Minuten an unserem Schloss herum, packt alles wieder ein (inklusive unseren eigenen Schraubenzieher, wie sich später herausstellt) und stellt seine Rechnung. Was kostet der Spaß? 50 Euro? Vielleicht gar 100 Euro? Denkste!

250 Euro, danke sehr. In Worten: zweihundertfünfzig Euro. Ich wäre fast aus den Latschen gekippt! Für zwei Minuten mit folgendem Resultat:








So sieht's grade aus bei mir im Bad. Hübsch, oder?

Und jetzt kommt also Tante Anna ins Spiel:

"Endlich komme ich mal wieder in den Baumarkt und kann nach Herzenslust in den Regalen stöbern."
"Schlüsseldienst = eine Karriere mit Zukunft. Wieder was gelernt!"
"Jetzt kann ich wenigstens Tür und Klinke einmal richtig saubermachen."

Und...ich bin raus. Es ist verflixtnochmal erst Februar: gerade waren alle Versicherungen fällig, alle Erhöhungen des Jahres haben gegriffen und jetzt sowas. Zur Tante Anna ist es ein weiter Weg!

Oder fällt euch noch was ein?