Dienstag, 15. Dezember 2015

Kapitel 126 - von der Verdrängung

Immer dann, wenn ich auf der Suche nach dem 'einen', dem 'bestimmten' Knäuel Wolle einer Farbe oder Qualität bin, von der ich weiß, dass ich es bestimmt noch irgendwo habe, und wenn ich dann meinen Boxenturm langsam aber sicher abgebaut und um mich herumgestellt habe, wird mir wieder klar, wie viele ungestrickte Kleidungsstücke und Decken da eigentlich noch lagern.
Als Stricker lebt man nämlich sozusagen in einer doppelten Verdrängung.

Zum einen sieht man ja seinen Wollvorrat täglich vor sich - also ich zumindest, dank durchsichtiger Boxen eines großen schwedischen Möbelunternehmens - man will sich aber meist gleichzeitig gar nicht so richtig klar darüber sein, wie viel das denn nun eigentlich ist. Denn das würde ja Rechenschaft bedeuten.

Noch schlimmer ist es, wenn ich vom Wollmarkt oder aus der Stadt nach Hause komme und meine Tüten wieder einmal 'nur mal schnell' auf den Boden stellen muss, weil ich auf die Schnelle gar keinen Platz in meinen Boxen finde. Zum wiederholten Male.

Sicherlich habe ich auch aus diesem Grunde so lange gewartet, bis  ich begonnen habe, meinen Stash bei Ravelry einzugeben. Ich wollte gar nicht so genau wissen, wie viel es denn insgesamt so ist - waaas? Schon 200? Vom Nachrechnen der Euros ganz zu schweigen.
Es gibt da sicherlich irgendwo die eine oder andere Box, die ich noch ausräumen und fotografieren müsste, damit das alles endlich seine Ordnung hat. Aber...muss ich das denn wirklich so genau wissen?

Ein Wollvorrat lebt doch auch irgendwie davon, dass man gar nicht mehr so genau weiß, welche Schätze darin verborgen sind. Ein bisschen so wie ein Bücherregal, das man erst wieder beim nächsten Umzug so richtig kennen lernt, wenn man die Bücher in die Hand nehmen muss und dann merkt, was man eigentlich schon alles mal (wieder) lesen wollte.
Genau so geht es mir, wenn ich mich so durch meine Kisten wühle. Ach ja, denke ich, hier liegt also die Puschelwolle, die ich für die Mütze der Damen verwenden wollte. Und hier liegt das besondere Sockengarn aus dem Urlaub, aus dem ein Schal werden soll. Da wird man auch gleich wieder kreativ und hat richtig Lust loszulegen.

Zum anderen ist es aber nun leider auch oft so, dass man trotz intensiver Suche genau das Garn, das man für das neue Projekt braucht, eben doch nicht findet. Man hat einen Wollschrank und nichts zum Stricken. Das kommt sogar noch häufiger vor, denn man plant ja seine neuen Projekte nicht danach, was man stricken könnte, sondern was man stricken möchte (oder muss, jetzt vor Weihnachten). Und wenn man dann nicht genügend von der richtigen Wolle hat, dann kann man das auch verdrängen.

Da hat man also eine Decke angefangen, sagen wir eine Decke mit Hexagons und die dazugehörige Wolle bestellt:



Dann legt man los und häkelt seine Hexagons fröhlich vor sich hin. Dank der Verbindungsmethode (JAYG = join as you go) wächst die Arbeit.


Funktioniert ganz ordentlich und macht Spaß. Die Decke entwickelt sich.



Tja, und jetzt kommt der Moment der Verdrängung. Man hat nicht richtig berechnet, wie viel von dem hellbraunen Umrandungsgarn benötigt werden für eine komplette Decke. Außerdem soll damit ja der Rand gehäkelt werden, dafür ist sicherlich noch einmal ein Knäuel nötig. Aber weil man eben ein Meister der Verdrängung ist, will man das nicht wahrhaben, bis man schließlich mit all den fertigen Fleckerln da sitzt und sich eingestehen muss, dass man es einfach nicht über sich bringt, neue Wolle zu bestellen.

Man hat ja schon sieben bis zehn knallvolle Kisten zu Hause, die ja doch nie leer werden, wenn man sich nicht endlich mal darum bemüht, auch wirklich mit der Wolle darin zu stricken.
Verdrängung der Notwendigkeit des Wollbedarfs.

Das kann schon mal ein paar Wochen dauern - weil man ja immer noch irgendein anderes Projekt auf einer Nadel hat, um das man sich kümmern kann.

Dann aber endlich: Kapitulation, Wollbestellung und das Projekt kann fertig gestellt werden:






Zum Glück ist man zufrieden, aber jetzt muss man ganz schnell wieder in die Kisten schauen, bevor man sich ein neues Projekt aussucht. Welches Kleidungsstück darf es denn als Nächstes sein?

Schnell, schnell, bevor man wieder eine andere Anleitung - ohne Wolle -  findet! Schnell!!!

Montag, 16. November 2015

Kapitel 125 - in dem ich von Feriengefühlen übermannt werde

Wenn das Wetter schon so verrückt spielt wie in diesen Tagen (18°C - ernsthaft?), dann kann man ja gar nicht anders, als sich in den nächsten Urlaub zu wünschen. Weg von allem, was einen hier oft daran erinnert, was falsch läuft oder bald stressig zu werden droht.

Statt mich also um die noch anstehenden Strick-Weihnachtsgeschenke zu kümmern (ein Paar Socken wurden gewünscht, ein Schal oder vielleicht auch zwei stehen auf der Liste), denke ich lieber an den letzten Sommer und träume mich damit in den nächsten.

Wie berichtet waren wir am Meer, in Worthing, und das Schönste dort war - neben dem Meer natürlich - ein wunderbarer kleiner Wollladen. Die Besitzerin hat mir freundlicherweise erlaubt, ein paar Fotos zu machen, damit ich euch hier mit auf die Reise nehmen kann.

Der Laden heißt:



Per Klick: The Wool Bar. An der Seite des Ladens das Menü - extra vergrößert:



Gerade den letzten Punkt kann man nur unterschreiben. Ich bin ja nun nicht wirklich von den Besitzern in Garnläden verwöhnt - Münchener Grant usw. (zu einer Erläuterung siehe z.B. hier) - aber ich muss sagen, genau so stelle ich mir den Besitzer eines Wolleladens vor. Jemand, der tatsächlich froh ist, wenn ich vorbeikomme. Mehr zu Caroline kann man hier lesen.

[Und als positive Ausnahme muss ich an dieser Stelle natürlich aber  unbedingt die Münchener Mercerie erwähnen, in der nur wirklich sehr nette Menschen arbeiten.]

An dem Mittwoch, an dem ich die Woolbar besuchte, räumte Caroline gerade die Überreste des Strickabends vom Tag zuvor auf - vor einer sehr beeindruckend gestalteten Wand voller Patterns und Magazinseiten. Sieht doch cool aus:


Im Laden selbst findet man die obligatorische Wollwand:


Den Wolltisch:


Die Modelle:





Im Laden gibt es auch Möbel zu kaufen, von den beiden Besitzerinnen selbst renoviert und frisch angestrichen:




Dazu kommen all die hübschen Kleinigkeiten wie eine Wimpelkette:


Oder stapelweise hübsche Webbänder:


Das hat schon eine gute halbe Stunde gedauert, sich da einfach nur durchzuschmökern. Ich hab auch ein bisschen geplaudert mit Caroline, die mir erzählt hat, dass es den Laden jetzt seit sechs Jahren gibt. Da hüpft mir immer das Herz - ein Woll-Laden, der sich hält in unseren Online-Zeiten, auch wenn wir zum Glück gerade auf einer Strickwelle schwimmen.

In Worthing leben vor allem Urlauber und Rentner, die auf ihre alten Tage - und wer kann's ihnen verdenken - ans Meer gezogen sind. Viele dieser Stricker sind also noch in den Acryljahren groß geworden und suchen häufig noch heute eine solche Qualität.

Caroline versucht hier eine ganz tolle Balance zu finden und Garne anzubieten, die nicht unbedingt die Welt kosten, aber eine tolle Qualität haben, wie z.B. Stylecraft Special DK . Hierzulande muss man dieses Garn ja online kaufen, ich habe noch keinen Laden entdeckt, der das vorrätig hätte. Dort aber stand ich staunend vor einem großen Regal mit fast allen Farben. Großartig!

Zwei davon mussten gleich mit. Blautöne kann man immer brauchen und gerade sie sind auf dem Bildschirm oft gar nicht so gut zu erkennen. Hier also Bluebell (li) und Denim:


Mein zweiter Glücksgriff war ein Schnäppchen, weil die Winterfarben auslaufen. Ein Garn mit einer Qualität wie Rowan Kidsilk Haze (70% Super Kid Mohair und 30% Seide), nur mit einem anderen Preisschild. Es heißt Bessie May Grace.


Daraus soll irgendwann mal ein Häkelschal werden, aber der ist noch fern am Horizont. Wenn ich besser häkeln kann, wenn ich wieder ein bisschen Luft bei den Wips habe, etc. Wie immer halt. Aber die Knäuel warten auf mich!

Schließlich hat sich der Mann eine Mütze gewünscht, und da liegt natürlich Drops Alaska nahe:


Auch dies ein Garn, das ich gerne mal live gesehen habe. In vielen Farben und zum Knäuel drücken. Schöner kann es im Urlaub doch gar nicht sein.

Das Beste aber natürlich am Schluss, denn man ist ja ständig auf der Suche nach neuen, tollen Ideen, von denen man sich inspirieren lassen kann.

Seht mal, wie clever hier alte CDs umhäkelt worden sind. Das kann ich mir auch draußen auf der Terrasse vorstellen, oder vor einem Erkerfenster, oder im Bad, oder...







Hübsch, oder? Ich will wieder hin!














Mittwoch, 4. November 2015

Kapitel 124 - Liebe Frau Ott!

Zunächst mal möchte ich mich als Fan Ihrer Kolumne outen. Mit großem Vergnügen lese ich jeden Monat Ihre endgültige Ablage und habe mich oft schon darüber gefreut, wie genau Sie die Nägel auf den Kopf treffen. Und wie gelungen Sie darüber schreiben können. Der Text über die Taufe von kleinen Kindern - spot on! Und das sage ich hier als kleiner Katholik aus dem Süden.

Es ist gar nicht so einfach interessante Probleme zu erkennen und dann immer witzig und zielgerichtet darüber zu schreiben. Gerade deshalb freue ich mich auf jeden Ihrer Texte. Aber sagen Sie mal, was war denn diese Woche los?

Ich verstehe ja, wenn Sie etwas genervt davon sind, dass auf der Buchmesse statt "die bewährten Kulturtechniken Lesen und Schreiben" zu feiern, ein so genannter Handmade-Tag ausgerufen wurde. Aber: glauben Sie wirklich, dass daran die "Mädels" schuld waren? Nee, nee.
Da sind die Buchverlage vor! Und die haben eben erkannt, dass im Moment ne Menge Kohle zu holen ist, wenn man Bücher über das Selbermachen von was auch immer herausbringt. Lesen Sie mal nach in speziellen Handarbeitsblogs, z.B. bei stefanella und stellen Sie fest, dass hier die Verlage ganz klare Vorgaben machen, was sie haben wollen. Und wenn dann die 'Mädels' liefern, dann ist das eigentlich genau dasselbe, als ob ein Spitzenkoch ein Buch über Smoothies schreibt, nur weil sich jeder gerade diese klebrige Brühe in der Küche zusammenmixt. Weil es eben 'in' ist. Wenn man wieder drauf gekommen ist, dass Zähne auch gesünder bleiben, wenn man seine Selleriestange zermalmen darf, dann gibt es eben wieder was Neues und es werden neue Bücher (und Rezepte) erfunden.
Ich wiederhole mich also gerne: auch hier werden keine Kulturtechniken gefeiert, sondern neue Trends beim Essen in einen Haufen klingender Münzen verwandelt.

Aber klar, eine Geschichte der Philosophie in drei Bänden ist was anderes als eine Jungschauspielerin, die am Set strickt. Aber kann man das wirklich vergleichen? Der eine ist promovierter Germanist und die andere ein 18-jähriges Mädel, von dem ich nicht einmal weiß, ob es einen Schulabschluss hat. Wollen Sie das wirklich vergleichen? Kann man das überhaupt vergleichen? Da fallen mir doch auf Anhieb ne ganze Menge anderer Damen mit anderem Kaliber ein, die man Herrn Precht gegenüberstellen kann.

Die Frage nach den Prozent der Entscheidern ist natürlich eine problematische. Ja, "85 Prozent der Filme [werden] von Männern produziert". Männer sind sicherlich auch häufiger Regisseure, sie sind vor allem hierzulande immer noch sehr viel häufiger in Firmenvorständen und Schuldirektoraten als dies in anderen Ländern der Fall ist, aber liegt das immer nur an den Mädels?

Vielleicht ist es einfach auch so, dass die Mädels das gar nicht wollen. Lesen Sie mal, was Martina Behm darüber schreibt, warum sie ihren Job als Journalistin aufgegeben hat. Wenn sie damit auch Geld verdienen kann, dann soll sie doch. Dann darf sie doch.

Ich kam ernstlich ins Grübeln bei der Lektüre. Wenn die Welt nur aus Leuten wie mir bestehen würde, dann gäbe es weder Hochhäuser noch Brücken, das ist mir klar. Könnte ich nicht. Bewundere ich total. Aber warum soll ich nicht trotzdem das machen dürfen, was mir Spaß macht? Ich bin mit meinem Studium nicht so weit gekommen in der Liga der Weltverbesserer, aber ich versuche auch, was ich kann, an meinem kleinen Arbeitsplatz. Und in meiner Freizeit, da stricke ich nun mal. Oder häkle.

Ihr eigener "lila Norwegerpullover mit grünen Hirschen" ist sicherlich auch in einer Zeit entstanden, die man vielleicht für etwas anderes hätte verwenden können. Muss man aber nicht immer, oder doch?

Was genau ist nochmal verkehrt am Stricken mit Flüchtlingen für Flüchtlinge? Der Winter kommt bald und dann hat sich's mit den Zeltstädten. Dann ist man doch froh, wenn man warme Socken verteilen kann, Brücken hin oder her. Ich denke eher, hier versucht jemand, die Öde und Langeweile der Riesenhallen zu bekämpfen, die ja auch zu Stress und Aggression führt. Da könnten sich die männlichen Netzwerker mal ne Scheibe von abschneiden.

Und schließlich die Laternenpfähle, die Straßenbäume und die Blümchen für Scheinwerfer. Yarnbombing also. Kann ich verstehen. Da geht es mir häufig so, wie es die Engländer so treffend ausdrücken können: ich hab da zwei unterschiedliche Meinungen dazu. Kann man machen, kann man sein lassen. Manches verstehe ich und manches verstehe ich auch wieder nicht. Aber so geht's mir auch, wenn ich mir Graffiti ansehe (was übrigens hauptsächlich von Männern gemacht wird).

Und da hilft mir halt, dass ich aus dem Süden dieser Republik komme, denn hier gibt's die eindeutige Antwort drauf: Ja mei!

Mehr ist es dann schon wieder nicht.

Montag, 19. Oktober 2015

Kapitel 123 - meine WIPS und ich

Ich stricke also bin ich. Soviel war ja schon lange klar. Jetzt aber habe ich in Abkupferung der Methode einer Mitstrickerin eine Managementvariante für meine vielen Arbeiten auf den Nadeln entdeckt, die tatsächlich funktioniert und mir immer mal wieder ein Gefühl von "aah, endlich fertig" beschert.

Ich weiß natürlich auch, dass mich dieses Gefühl sehr viel öfter begleiten würde, wenn ich mich an die monogame Haltung gewöhnen könnte - ein Projekt anschlagen, dieses Projekt stricken, das Projekt fertigstellen und dann erst das nächste anschlagen. Aber das klappt nicht. Zu viele tolle Sachen da draußen und auch zu viele verschiedene Orte, an denen gestrickt wird: im Bus, in der S-Bahn, auf der Couch, vor dem Computer, nur auf dem Radl klappt es leider noch nicht.

Also, die Methode geht so: Man darf von jeder Kategorie, die man so strickt und die es so gibt, ein Projekt in Arbeit haben.
Eine Jacke/Pulli.
Eine Decke.
Ein Accessoire, also Mütze, Handschuhe, etc.
Ein Tuch.
Ein Kleinteil (Kuscheltier, Amigurumi, etc.)
Ein Paar Socken (falls gewünscht).

Das sind also höchstenfalls sechs verschiedene Kategorien. Wenn man nun also sechs verschiedene Ufos hat und sich dann auch noch mit einem gleichfalls von anderen Strickern vorgestellten Rotationssystem immer mal wieder einem anderen Ufo widmet, dann ist es nur eine Frage der Zeit, wann man wieder einen Platz frei hat und sich dementsprechend um das nächste Objekt aus der Warteschlange kümmern kann.

Genial, no?

Im Moment habe ich tatsächlich eine Jacke auf den Nadeln. Also strenggenommen natürlich zwei, aber wollen wir mal nicht so sein. Seit ich das System hier in Betrieb genommen habe, ist es also eine Jacke.
Ich versuche diese Jacke hier zu stricken und bin gerade bei den beiden Vorderteilen. Meine Maschenprobe war ein wenig anders, hoffentlich klappt alles.
Meine zweite Jacke sollte gehäkelt diese ergeben und wird sofort wieder aufgenommen, wenn die erste Jacke fertig ist. Ganz nach dem oben vorgestellten System. Dann erst soll es weiter gehen.

Eine Decke ist ebenfalls in Arbeit. Ich vernähe mich gerade durch diese Hexagons und brauche nur noch weniger als die Hälfte der benötigten Anzahl. Die fertigen Fleckerl werden sodann direkt miteinander verbunden, das sollte also schneller gehen:


Da möchte ich mich eigentlich besonders beeilen, weil die nächste Deckenidee meine eigene ist, die ich unbedingt ausprobieren möchte. Aber mit meinem Management-System bringe ich die nötige Geduld auf, weil ich ja weiß, dass ich bald damit anfangen kann. Nur noch 37 Hexis!

Mützen etc. hab ich gerade zur Genüge gestrickt. Die Damen sind in doppelter Ausfertigung ausgestattet (wir bekommen hier am Ende des Monats Oktober mitten auf dem Schulweg einen nagelneuen Brunnen - mehr muss nicht gesagt werden!). Ich hab sogar ein Souvenir für eine leider bald wegziehende Schulfreundin geschafft:


Und keine Angst - sie zieht ins Ausland. Ich würde ja verstehen, wenn so ein Outfit in einem anderen Bundesland etwas problematisch wäre. Kicher!

Sodann ein Schal in einem supertollen, weichen fivemoons Garn. Dies wird das Ho'okipa-Tuch und während das Muster eigentlich gar nicht so schwer ist, muss ich doch für alle 12 Reihen des Mustersatzes auf die Anleitung sehen bzw. einen Mustersatz fertig stricken, bevor ich es wieder auf die Seite legen kann. Daher dauert es gerade ein wenig. Aber: ich denke, ich kann es nach Belieben verlängern, also sogar ich als Tuch-Neuling verstehe die Konstruktion. Das ist mir sogar sehr recht, denn ich will möglichst das ganze Garn darin unterbringen, damit es so groß wie möglich wird!



Auch bezüglich Tuch liegt bei mir noch eines auf Halde, aber jetzt hab ich ja einen Ansporn dies dann auch in Angriff zu nehmen.

Socken hab ich gerade gar nicht angeschlagen und auch Spielsachen oder Figuren stricke ich eigentlich nicht. Aber ich freue mich eigentlich, dass es hierfür sozusagen einen Slot geben könnte, sollte ich mich doch mal an so einen kleinen Hübschling wagen. 

Bis jetzt funktioniert mein System bestens.
Ich darf mehrere Sachen auf der Nadel haben - das kommt meinem lustorientierten Stricken entgegen.
Ich bekomme immer mal wieder eines der Projekte fertig - das ist dann zusätzlicher Ansporn.
Und ich darf mich immer mal wieder durch die verschiedensten Anleitungen klicken oder zu Hause in den Heften blättern, denn ich muss ja überlegen, was ich - in dem betroffenen Bereich - als Nächstes stricken darf.

Besser geht's nicht, oder?

Montag, 28. September 2015

Kapitel 122 - von der Zeitlupe

Stricken ist doch eigentlich mein Hobby.
Das hab ich jedenfalls gedacht. Ich liebe das Stricken. Wenn ein Tag vergeht, an dem ich keine Zeit dafür habe, dann ärgere ich mich. Es gibt Tage, an denen ich es kaum erwarten kann, von der Arbeit heimzukommen, um die nächste Reihe in Angriff zu nehmen. Ich hab schon die halbe Nacht 'nur noch eine Runde' gestrickt, weil ich sehen wollte, wie sich das Jacquardmuster denn nun in der von mir gewählten Farbe macht.
Und genau aus dem Grund bin ich immer völlig unvorbereitet, wenn mich der Fluch der Zeitlupe trifft. Wenn ich also an irgendetwas arbeite, das sich im Laufe des Strickens als ein Vorgeschmack auf die Ewigkeit entpuppt.

Also, man schlägt voller Vorfreude etwas an, sagen wir einen Schal.


Hierbei handelt es sich um zwei verschiedene Sockenwollstärken, die in einem Mustersatz von jeweils vier Reihen abwechselnd miteinander verstrickt werden. Muster von hier. Dieses Pfauenschweifmuster ist gerade mit verschiedenen Streifen ganz besonders hübsch, finde ich.
Meine Wolle ist von etherische-oele, ein Mitbringsel vom Wollmarkt Vaterstetten.

Ich hab es auch deshalb gewählt, weil ich damit endlich einen Socken wieder verschwinden lassen konnte, den ich umsonst gestrickt hatte. War zu musterlastig für das bunte Garn.
Dann schon lieber einen bunten Schal, dachte ich mir.


OK, am Anfang ist man motiviert und strickt fröhlich vor sich hin. Wenn man alle vier Reihen die Farbe wechselt, wird einem ja auch nicht langweilig. Und das Muster lässt sich auch gut an, das wird ein schöner Winterschal.


Dachte ich.

Denn vier Reihen in Sockenwollstärke sind einfach vier verdammt dünne Reihen. Und egal wie viele Farbwechsel man schafft - im Auto, in der S-Bahn oder vorm Fernseher - am Ende ist man nicht weit gekommen.

Tja, ich hab's ja gesagt. Der Fluch der Zeitlupe. Er trifft einen immer unvorbereitet. Man strickt und strickt und strickt und kommt keinen Zentimeter voran. Keinen einzigen!

Was an und für sich ja ein wahres Wunder ist, denn man wechselt ja immer noch alle vier Reihen die Farbe und ein Farbwechsel macht so ungefähr einen halben Zentimeter aus, das wären also bei vier geschafften Farbwechseln dann doch endlich mal zwei Zentimeter beispielsweise, aber das Ding wächst nicht.

Bzw. die Knäuel werden einfach nicht kleiner! Wie habe ich den Tag herbeigesehnt, an dem ich endlich den Socken verstrickt hatte. (Ich hatte mir das Auftrennen und Aufwickeln gespart und stattdessen das Aufgetrennte gleich verstrickt).

Der Schal kam mit in den Urlaub. Eine Fahrt nach England dauert ja, mit Fähre und allem drum und dran, da ist man eine Weile unterwegs. Da geht schon was.

Dachte ich.

Ich hab am Strand gestrickt. Im Ferienhaus. Wieder im Auto. Es geht so zäääääh!!!


In meiner Verzweiflung hab ich eines Abends im Ferienhaus die Küchenwaage aus der Verpackung geholt, um nachzuprüfen, ob ich denn nun endlich mal wenigstens unter die 50%-Marke gefallen war. Ich war! Die Waage zeigte unter 50g an und ich muss sagen, ich war selten so erleichtert!

Dabei stricke ich wirklich gerne und auch dieses Muster geht eigentlich flott von der Hand. Und es gibt ja diese Farbwechsel....

Aber 200g Sockenwolle wollen eben mit Nadel 3,25mm auch erst einmal verstrickt werden.

Der Schal kam dann aus dem Urlaub wieder mit nach Hause. Immer noch nicht fertig. Warum ich mir all die Mühe gemacht habe, unterschiedliche Strickprojekte einzupacken, kann ich heute gar nicht mehr verstehen.

Schließlich erreicht man den Punkt, an dem man das Ganze zu Ende bringt, koste es was es wolle! Die Maschen werden mit einer Verbissenheit gestrickt, die man sonst nur ganz selten bei Putzattacken erlebt (angebrannte Vanillesoße im Lieblingstopf fällt mir dazu ein).

Wie war das nochmal? Ich stricke, weil es mich entspannen soll? Nee, das mache ich jetzt fertig und.wenn.ich.da.bei.drauf.geh!

Zum Glück: es klappt. Irgendwann ist dann das letzte Gramm verstrickt und man kann abketten. Der Winter kann kommen.



 Bis dahin stricke ich aber nur noch Mützen.






Freitag, 18. September 2015

Kapitel 121 - in dem ich einen Gruß nach Hamburg schicke

Kaum ist es kühler, kann ich's auch wieder vor dem Computer aushalten. Endlich!

Aber im Ernst, ich bin nicht gemacht für diese Hitze, bin auch dieses Jahr wieder mit den Damen in den Ferien in Richtung breezier climes aufgebrochen und musste im Urlaub dann dieses hinnehmen:



Das ist, ganz richtig gesehen, strahlender Sonnenschein am Meer. Aber den Damen hat's gefallen, wie man an dem kleinen Seehundkopf sehen kann (das ist natürlich kein Seehund, sondern ein kleines Fräulein am Planschen).

Und es gibt auch wieder ein Pier - dieses Mal in Worthing.



Aber stricken kann ich zum Glück immer und überall:



Weshalb ich hier voller Freude und auch ein bisschen stolz verkünden kann, dass ich meinen Pulli fertig gestrickt habe. Fix und fertig vernäht, gewaschen, getrocknet und getragen. Und so sieht er aus:



Wie man sehen kann, musste ich am Ende etwas kreativer mit meinen Farben umgehen, als ich das eigentlich vorhatte, aber mir ist das Türkis komplett ausgegangen. Völlig unerwartet natürlich, denn ich hab mir die verwendete Meterzahl aus der Anleitung abgeschrieben (Under the Hoodie von Kristin Spurkland) und dann auf meine Wolle umgerechnet (Wollzauber von Junghans).

So sollte es jedenfalls funktionieren, glaubte ich mich zu erinnern. Dabei ist mir natürlich auch wieder eingefallen, warum ich so lange beim Sockenstricken geblieben bin. Ganz einfach - diese Probleme gibt's nicht. Ein Knäuel reicht bis Größe 43. Fertich.

Womit wir nun endlich bei Hamburg angelangt sind. Mein Gruß gilt natürlich Tichiro. Also Tina aus Hamburg (unbekannterweise, versteht sich, wir wohnen schließlich Hunderte von Kilometern auseinander). Und zwar ganz einfach deshalb, weil ich mich an diesen Pulli auch nur deshalb herangetraut habe, weil sie mir mit ihrem Esprit und ihrer Laune am Pulloverstricken richtig Mut gemacht hat. Sogar in einer persönlichen E-Mail auf einen Kommentar von mir hin: 'Einfach anfangen', hat sie da geschrieben. Und genau so war's! Vielen herzlichen Dank dafür!

Mir war natürlich schon klar, dass ich nicht gleich wie ein Riesenmeister würde konfektionieren und umrechnen können, aber es geht eben doch irgendwie. Und Hilfe kann man sich ja tatsächlich holen, von woher auch immer.

Ich habe mir also nach meiner Maschenprobe die Stitch Ratio ausgerechnet - also wie sich mein Garn zum vorgeschlagenen Garn verhält und dann die jeweiligen Maschenangaben damit multipliziert.
Das funktioniert folgendermaßen:
Die Anleitung gibt auf 10cm 25M/32R an. Meine Maschenprobe ergibt aber 23M/32R, damit muss ich das Verhältnis der Maschen zueinander bestimmen. 23M : 25M ergibt 0,92 als Stitch Ratio. Wann immer jetzt in der Anleitung eine Maschenzahl erwähnt wird, beispielsweise Ärmelanschlag 64M, dann multipliziere ich dies mit meiner magischen Zahl. 64M x 0,92 = 58,88 also 59 M. Auf die eine Masche hin oder her kommt es nicht so an.

Diese Methode hat so überraschend funktioniert (siehe oben), dass ich sie gleich noch einmal eingesetzt habe. Denn nach dem Pulli ist vor dem Pulli und jetzt hat es mir zum ersten Mal eine Jacke angetan. Seht mal:



Ganz genau, das ist eine richtige Jacke (Rowena Cardigan) mit Knopfleiste und allem. Ich hab sogar ganz mutig ca. 4 cm Länge angefügt, weil der Pulli am Schluss doch ein wenig knapp geraten ist. Alles brav ausgemessen und wenn es jetzt doch nicht ganz so klappt, dann bin ich ja schließlich immer noch auf der Lernkurve.

Was aber unbezahlbar ist, dass ich jetzt mit einem ganz anderen Blick meine Strickbücher und -hefte durchblättern kann. Jippiiiie!




Dienstag, 28. Juli 2015

Kapitel 120 - Sie strickt einen Pullover

Es ist wahr! Ich greife hier im Titel die freundliche Mail meiner freundlichen Leserin Connie auf, die schon auf Ravelry bemerkt hat, dass ich endlich den Schritt gewagt habe.

Ich stricke einen Pullover. Ohne Angst vor langen Reihen linker Maschen und ohne Verzweiflung von der ersten Sekunde an. Wie kam's?

Vor einer ganzen Weile bin ich schon vom Stitch'n'Bitch Virus befallen worden. Die Anleitungen sind es dabei nicht so sehr, die mich so fesseln, aber Debbie Stollers Art zu schreiben ist einfach herrlich! Außerdem habe ich eine Schwäche für diese Bücher, weil ich mich dank ihrer schließlich und endlich an englische Anleitungen gewagt habe. Und wenn dieser Schritt gelingt - davon spricht ja mehr als ein deutscher Strickblog - dann geht das Handarbeitsleben erst so richtig los!

Na, und da will ich jetzt endlich auch mal hin.

Zurück also zum Knitter's Handbook, das nach mehrmaligem Durchblättern dann doch eine Reihe von netten Sachen aufweist, so zum Beispiel einen Kapuzenpullover komplett mit cooler Eingrifftasche vorne. Der hat mir gleich gefallen und ich hab mir kurz entschlossen auch Garn in meinen bevorzugten Farben gekauft. Das war vor ein paar Jahren.






Kaum war das Garn da, ist es erst mal in der Kiste gelandet. Ich wollte (und konnte) nur Socken stricken. Ich hätte aber natürlich jederzeit damit anfangen können, denn ich Schlauberger hatte das Garn ja schon angeschafft.

Tja, und dann ist passiert, was bei mir üblich zu sein scheint: das Garn ist in den diversen Schichten des Wollvorrats immer weiter nach unten gesunken, bis ich es schon total vergessen hatte.

Zum Glück gibt's die anderen Blogger! Diejenigen nämlich, die unerschrocken sogar die schwierigsten Muster abändern und ohne mit der Wimper zu zucken eine Ärmelversion ihrer Wahl einsetzen. Davon kann man wirklich nur eine bestimmte Dosis gebrauchen, bis man anfängt zu denken: na also, ist das wirklich so schwer? Kann ich das nicht auch versuchen? Zumindest irgendwie?

Dabei ist man natürlich auch ein kluger Mensch, der die eigenen Grenzen einschätzen kann. Alles, was an Herrlichkeiten im Netz gezeigt wird, werde ich meiner Lebtag wohl nicht mehr stricken können. Aber zumindest ein Teil davon soll es sein. Und bereits dafür benötige ich eine Lernkurve, die möglichst weit unten beginnen muss, sonst ahne ich den Absturz.

Also: zurück in die 80er (die ja sowieso grade groß in Mode sind) und zurück zu den überschnittenen Schultern. Da werde ich ja hoffentlich nicht auch noch einen Murks fabrizieren.

Der positive Nebeneffekt meiner jahrelangen Sockenmanie ist ja dann doch zum Glück ein wenig Strickerfahrung, die es mir ermöglicht, bestimmte Aspekte der Anleitung (Maschen aufnehmen, zwei Strickteile miteinander verbinden) tatsächlich auf Anhieb verstehen zu können.

Und dann war ich ja auch in einem Kurs, der mir vor allem eines beigebracht hat: Maschenprobe, Maschenprobe, Maschenprobe.

Ich hab also eine Maschenprobe gestrickt, und sogar mit zwei verschiedenen Maschenstärken. Clever abgetrennt durch eine Reihe linker Maschen. Und das Ganze schon ziemlich bald nach dem Kauf der Wolle:


Weniger clever habe ich mir natürlich nicht notiert, um welche Nadelstärken es sich gehandelt hat. Das heißt, ich habe jetzt eine ganze Weile mit dem Studium eines kleines Strickstückerls verbracht, nur weil ich partout keine Lust mehr hatte noch einmal eine Maschenprobe zu stricken. Strafe musste sein.

Für die Zukunft hab ich wenigstens diesen goldenen Tipp ausgegraben: die Nadelstärke wird per Knoten im Abkett- bzw. Anschlagfädchen vermerkt: vier Knoten, Nadel 4mm. Das krieg ich hin!

Jetzt musste ich mir also nur noch einen Mitstreiter suchen, der auch auf dem Weg zum Bekleidungsstricker ist, und dann ging's los:

Zuerst das Rückenteil. Da war nicht viel zu machen, das ging auch flott von der Hand dank diverser Bollywood-Schnulzen (es macht eben Sinn, wenn Filme drei Stunden lang sind - viel Zeit fürs Stricken).


Im Vorderteil ging es schon ein bisschen anders zur Sache, denn hier sollte ja die Tasche angestrickt werden und der Ausschnitt irgendwie überlappend gestaltet werden.

Das hat mich ein paar Abende gekostet, an dem ich nur zwischen Strickzeug und Buch hin- und hergeblickt habe. Und nie war ich so dankbar für die Leertaste am Computer, die so clever und schnell einen Film pausieren kann.

Aber: Tasche fertig.
Und: Ausschnitt asymmetrisch auch fertig. Das war ein bisschen Gefummel beim Aufnehmen der Maschen hinter dem abgeketteten Teil des Vorderteils, hat aber auch geklappt.



Jetzt also die Ärmel. Und hier folgt dann die Strafe für mein Zögern auf dem Fuß. Denn: Es ist ja klar, dass der Effekt einer Kistenhortung von Wolle derjenige ist, dass diese Wolle aus dem Programm genommen wird. (Gah!!! wie der Engländer sagt)

Und ich bin leider nicht Tina, die von ihr geliebten Lord von Lana Grossa so viel vorrätig hat, dass sie locker mehrere Großfamilien einkleiden könnte. Nee, bei mir waren's nur ein paar anhand der Angaben in der Anleitung ausgerechneten Knäuel. Tja, und jetzt stehe ich da.

Zuerst habe ich die Ärmel mit der zu viel gekauften Streifenwolle begonnen. Lieber das Grün am Anfang als oben, wo der Ärmel eingenäht wird, dachte ich mir.



Dann dachte ich mittendrin: Nee, komm, das klappt doch. Haste doch noch zwei ganze Knäuel plus einen Rest vom Vorderteil. Das reicht doch. (Ich gebe ehrlich zu: es war hauptsächlich die Angst vor der Peinlichkeit, zweifarbige Ärmel zu haben, wenn am Ende locker genügend türkisfarbene Wolle für einen dritten Ärmel übrig bleibt. Ich bin komisch!)

Hab dann mit einer anderen Nadel die Ärmel in türkis noch einmal angeschlagen und losgestrickt.

Kaum waren die Ärmel zu einem Drittel gestrickt, überwog die Angst wieder. War doch kein guter Vorschlag. Also zurück zur grünen Variante und die türkisen aufgetrennt.



Und so weit bin ich nun. Ärmel zur Hälfte fertig, es fehlen noch ca. 11 beidseitige Zunahmen, da wird also noch Wolle verbraucht.

Dann folgt dieselbe Qual für die Kapuze, denn auch von lila hab ich nur noch ein ganzes und ein kleines Knäuel übrig. Zur Not habe ich schon einmal im Wollvorrat gewühlt und mir schon ein anderes lila Garn bereitgelegt. Es ist nicht ganz die richtige Farbe, aber was soll ich machen. Die Kapuze soll ja eh nur Schmuck sein und wird wohl kaum getragen. Da geht's vielleicht irgendwie. Und die Ärmel werden eben zur Not grün-türkis-grün, denn fertig werden sie auf jeden Fall.

Und was lernen wir jetzt draus?

Dass Pullis auf jeden Fall bei mir 'Strick ich gleich'-Projekte sein müssen. Auf jeden Fall! Und zusätzlich kaufe ich beim nächsten Mal ne Masse an Reserveknäuel. Was soll mir schon passieren? Bin ja schließlich nicht umsonst in der RestEnd-Gruppe.