Die Schonung des Handgelenks hat ihren Dienst getan, und ich krabbele so langsam aus der Nicht-Stricken-Dürfen-Phase.
Diese hatte ich ja, um der Versuchung auch wirklich zu widerstehen, damit eingeleitet, dass ich alle meine Projekte feinsäuberlich verstaut und versteckt habe, damit ich sie ja nicht ansehen muss. Und vor allem, damit die Projekte mich nicht vorwurfsvoll anstarren müssen.
Aber jetzt, jetzt habe ich so langsam eins nach dem anderen hervorgekramt. Und da ist mir natürlich auch wieder der Orchideja-Pullover begegnet, den ich nach langem Hin- und Herüberlegen im letzten November endlich doch angeschlagen hatte. Ein ganzer Pullover, in Runden, in der Intarsientechnik. Ja, bin ich denn verrückt??? Offenbar!
Die erste Aufgabe war ja noch ganz überschaubar. Fäden von 10m Länge abschneiden. Es tat mir zwar ein bisschen Leid, mein schönes Garn so zu zerschnipseln, aber OK.
Das Halsbündchen stricken, sogar doppelt gelegt, kein Problem. Aber dann, in der ersten Runde 12x4 verschiedene Fäden einstricken - da sah die Sache schon ganz anders aus.
Zuerst bin ich der Anleitung der Designerin gefolgt - siehe in diesem Video (ab Minute 21:14). Aber das ist ein perfektes Rezept für einen Herzkasperl, wie wir hier im Süden sagen. Die ersten Runden gingen ja noch, aber dann?
Noch dazu waren zwei meiner Garne etwas dünner und empfindlicher als die anderen, das bedeutet also, dass sie beim Herausziehen auch mehr gelitten haben und ein bisschen unansehnlich wurden. Noch mehr Herzkasperl.
Da musste also eine andere Lösung her. Ich habe es dann mit kleinen Pappstückchen versucht, um die ich meine Wolle gewickelt habe. Viel zu schwer! Da wurden meine Maschen regelrecht nach unten gezogen.
Schließlich bin ich auf kleine Wollknäuelchen ausgewichen, die man um Zeigefinger und Daumen wickelt. Oder um die Hand, so wie hier.
Merke, Intarsien-Stricken verlangt einem Einiges ab.
Als es dann richtig losging, war das Kuddelmuddel fertig:
Die Rundpasse hat 81 Runden, aufgehört hatte ich im Dezember bei Runde 28. Du liebe Güte. Da hilft nur Reihe für Reihe abstreichen.
Mittlerweile ist die Rundpasse aber fertig, und ich habe Einiges gelernt, was ich Euch nicht vorenthalten will.
- Man lernt Geduld. Eine ganze Masse davon. Denn Intarsien-Stricken geht super-langsam. Langsamer als langsam, weil man ja immer wieder seinen 'Garnsalat' (O-Ton der Designerin) sortieren muss.
Aber es geht eben doch voran. Auch das langsamste Projekt wächst. - Das Projekt eignet sich nicht zum Herumschleppen, sondern sollte möglichst an einem Ort belassen werden. Dann kann man es vorsichtig aufheben und wieder hinlegen. Ich möchte mir nicht ausmalen, was eine Projekttasche, und sei sie auch noch so schön, da angerichtet hätte.
- Wenn man nach ein bisschen Verkreuzen, das Strickstück festhält und ein bisschen schüttelt, dann entwirren sich die kleinen Knäuelchen recht schnell.
- Beim Wickeln der kleinen Knäuelchen nicht am Garn sparen. Mir sind an ein paar Stellen die 10m-Fäden ausgegangen, und ich habe die neuen kleiner gemacht, ohne zu berücksichtigen, dass die Passe-Zunahmen mehr Garn verbrauchen werden. Ergebnis: ich muss deutlich mehr Garnenden vernähen, als es hätten sein müssen. Das kann man vermeiden.
- Noch ohne Gewähr: beim Verkreuzen der Fäden lieber ein bisschen fester anziehen als zu locker lassen. Wenn der Pulli später gebadet wird und sich die Maschen entspannt hinlegen, dann sind hoffentlich keine Lücken da.
Tja, und schließlich: es ist nicht mein erstes Projekt mit Chart, aber mit Sicherheit war keines darunter, bei dem ich so viel Freude hatte, die einzelnen Zeilen abzuhaken. Was für ein Erfolg!
Und dann erst der Kick, wenn man mit einzelnen Farben fertig ist, und sich die kleinen übrigen Knäuelchen am Arbeitsplatz häufen und nicht mehr an der Nadel herumbaumeln. Yay!
Fazit: Alles wird gut. Meine Souvenirgarne, heiß geliebt und teuer erstanden, sind in einem Projekt untergebracht, das allem Anschein nach wirklich fertig werden wird. Jetzt muss nur noch der Besuch beim Düsseldorfer Wollfest klappen!