Freitag, 24. Januar 2014

Kapitel 79 - in dem ich mal was über das Wollekaufen sagen will

Tja, da hatte mich der Wollfrosch gerade eben davon überzeugt, dass eine Restegruppe auf Ravelry für mich gar nicht so verkehrt sei. Dann gibt es auf Ravelry tatsächlich eine große Menge an Strickern, die vorbildlich ihren Stash verstricken, statt Neues zu kaufen (z.B. in dieser Gruppe oder in dieser), und ich bin selbstverständlich auch mit einigen guten Vorsätzen in das neue Jahr gestartet - so wie die meisten von uns auch, denke ich.

Aber dann hab ich ein Geschenk gebraucht. Für eine Strickerin. Aus dem Ausland.

Tja, und da gibt es eigentlich nur eins, was man am liebsten verschenkt, nämlich die begehrte Wollmeise. Tatsächlich wohne ich auch nicht allzuweit entfernt, nur einen hübschen Ausflug mit dem Zug und einen Spaziergang zum Laden weit weg, das geht doch.

Kinder eingepackt, ab in die S-Bahn und los ging's. Den Laden wollte ich ja schon ewig besuchen, und hab mir auch immer brav die Öffnungszeiten ausgedruckt, aber jetzt hat es endlich geklappt. Was soll ich sagen? Es war herrlich. Die obligatorischen Amerikanerinnen waren schon im Laden - von denen war mir schon erzählt worden - und ansonsten sah es genau so aus wie auf dem Foto. Die Kinder waren begeistert von der Haspel und dem Heavy Duty Binder, mit denen hantiert wurde (sowie von der Schokoladenschale, die zwischen beiden Sofas aufgestellt war) und ich war natürlich im Wollhimmel.

Ich suchte nach dem Geschenk und nach einem bestimmten Grün für einen Cowl, den ich mir stricken will. Der Spiegel hängt dabei in der Nähe der Eingangstür - sehr praktisch für das Tageslicht. Da ich mir nicht sicher war, hab ich mal gefragt und wurde wirklich super beraten! Sogar zwei der anwesenden Damen haben sich um mich gekümmert, mir von einem Grün ab- und einem anderen Grün zugeraten, bis sogar schließlich die Wollmeise selbst geholfen hat und mir ein Rot verkauft hat, mit dem ich sehr glücklich bin.

Und dann dachte ich: genau so stelle ich mir das vor. Ich will ja jetzt nicht von hinten und vorne bedient werden - das Ganze hat ja auch nicht mehr als 10 Minuten gedauert: Garn hinhalten, Grimasse oder Lächeln abwarten, neues Garn hinhalten, erneut den Gesichtsausdruck interpretieren - Wolle selbst anschauen, entscheiden und fertig. Aber: ich will eigentlich schon in eine Art Gespräch kommen in einem Laden. Ich will selbst etwas vom Wollekauf haben, was über den bloßen Kauf von Wolle hinausgeht.

Wenn ich einfach Wolle brauche, dann kann ich sie ja schließlich auch online oder per Bestellschein kaufen - wenn ich aber in einen Laden gehe, dann will ich was erleben. Ich schreibe erleben (das gefährlich nach Event klingt), in Ermangelung eines besseren Wortes, aber ich will irgendwie mehr davon haben als eine schnelle Dosis Wolle.

Schließlich geht es ja auch um ein Garnbudget, mit dem man sorgsam umgehen muss und das wohlüberlegt angelegt werden will.

So gesehen ging es mir im Laden in Pfaffenhofen also sehr gut. Das Negativbeispiel hab ich aber auf einem Markt erlebt.

Da ging es eigentlich um ein tolles Projekt, nämlich regionale Schafwolle von indigenen Schafrassen. Da wollte ich gerne etwas kaufen, auch um die Idee zu unterstützen. Es gab nämlich auch umweltverträglich pflanzengefärbte Wolle, ideal für eine mollige Jacke. Ich wollte also ein bisschen plaudern (es war ja ein Markt, also ein extra Ausflug für mich), ich wollte auch etwas Beratung, wie viel Wolle man wohl braucht - das klingt vielleicht blöd, aber ich wollte als Kunde ein bisschen ernst genommen werden.
Was aber waren die Antworten?

"Waas für eine Jacke? Also das wird ja viel zu unruhig!" (Das Garn war blau/grün gefärbt)
"Also, wie viel Sie da brauchen, kann ich Ihnen nicht sagen - da war mal eine Maschenprobe, aber die Leute nehmen halt alles mit!"

Als ich gerade sagen wollte, wie viel ich gerne kaufen würde, hieß es:
"Sie können ja mit meiner Tochter reden, ich muss jetzt auf Toilette." (Die Tochter war 12).

Neee, so nicht! Ich bin dann gegangen und habe nichts gekauft. Dann trage ich mein sauer verdientes Geld eben woanders hin. Schade auch um die Schafbauern, dachte ich, denn deren Produkte haben sie an diesem Tag an mich nicht verkaufen können. Die Bestellung im Internet ist zwar möglich, aber deutlich teurer und außerdem - siehe oben - fehlt mir da was.

Eigentlich hatte ich ja gedacht, dass eine solche Art der Kundenbehandlung der Vergangenheit angehört, eigentlich klingt das doch wie eine Geschichte aus der Zeit der exklusiven Wollboutiquenbesitzer, von denen schon die Fadenwerkerin in ihrer Antwort auf die Wollschaf-Frage geschrieben hat, aber da hab ich mich wohl leider getäuscht.

Es kann natürlich auch sein, dass hier jemand einen schlechten Tag hatte - den ganzen Tag auf einem Markt zu stehen, ist sicherlich nicht leicht - aber das war mir einfach zu viel. Wirklich schade. Normalerweise macht der Wollkauf ja "draußen in der Welt" sozusagen doppelt so viel Spaß.

Womit wir wieder bei meinem ersten Ausflug wären. Denn natürlich will ich euch nicht vorenthalten, was ich dort erstanden habe. Dreimal DK und viermal Sockenwolle:





Die drei ersten sind für Cowl und Fäustlinge, die mittleren für die Damen und die ganz unten sind hübsche Nobody-is-perfect-Stränge, die einfach so mitgekommen sind.

Und klar, damit ist das Garnbudget total explodiert, aber wenn mich einer jetzt für verrückt erklärt, der soll sich mal in Ruhe durch diesen Thread klicken - viel Spaß!





Donnerstag, 9. Januar 2014

Kapitel 78 - in dem ich meinem Schicksal ins Auge blicke

Jetzt blogge ich hier seit einem guten Jahr und was muss ich bei dieser öffentlichen Selbstbeobachtung feststellen? Dass es kein Entrinnen gibt.
Ich bin und bleibe ein Sockenstricker. Ein so genannter Kleinteilestricker, der seine aktuellen Sockenprojekte überall hin mitnimmt und brav die Anzahl der gestrickten Socken pro Jahr vermerkt (2013: immerhin 18 Paare) und der im Kopf schon ständig die neuen Monatsherausforderungen plant. Januar: Lacemuster - das werden also endlich die dringend benötigten Dirndlsocken in Blütenweiß für die Damen des Hauses. Garn und Muster liegen schon eingetütet im Strickkorb bereit!

Dabei kann ich die Kritiker manchmal durchaus verstehen (langweilig!!! -> langweiliger Aufbau, langweilige Farben, langweilige Strickerei)

Aber irgendwie kommt mir das selbst gar nicht so vor. Das Bündchen - da kann man immer mal wieder was anderes ausprobieren, außerdem findet man damit heraus, wie sich denn das gute Garn strickt. Und die paar Runden im langweiligen Rippenmuster? Die kann jeder überstehen.

Der Schaft - super geeignet um zu sehen, wie ein Muster wirkt, wenn es in der Runde gestrickt wird. Wie eine Maschenprobe, die aber gleich auch etwas 'Richtiges' ist.

Gerade wenn man das Muster dann ganz gut drauf hat und es ein wenig langweilig zu werden droht: die Ferse, die ersehnte Ablenkung.

Darüber hinaus ist sie auch ein kleines Wunder, weil man hier einfach so stricktechnisch um die Ecke saust und dann in einer ganz anderen Richtung weiterstrickt. Großartig.

Dann die Abnahmen für den Zwickel, die einen schon relativ weit voranbringen und die schnelleren Fußrunden, weil ja die Hälfte schon glatt rechts genadelt werden kann. Spitze und Maschenstich, fertig!

Da kommen Prozess- und Projektstricker auf ihre Kosten und sehen das Ende schnell genug nahen, ohne dass sich die Arbeit in ein endloses UFO verwandeln muss.

Und überdies: mit Socken kann man sogar die Garnreste aufbrauchen, die ich auch - wie bereits erwähnt - einfach nicht so leicht wegwerfen kann.

Ich präsentiere also meine neuesten Garnresteverwertungssocken:



Es hat ein bisschen gedauert, bis ich das Muster locker stricken konnte und vor allem bis ich die Enden alle vernäht hatte, aber es hat sich gelohnt. Diese Socken sind wie ein kleines Erinnerungsbüchlein für alle Socken, die ich schon gestrickt habe. Das matte Grün? Socken für meinen Mann.
Das Hellgrün? Hab ich in einem Babypulli für eine der Damen verstrickt.
Das Türkis? Seufz. Die Babydecke.

Die Socken machen wirklich Spaß.

So viel Spaß, dass ich sie gleich nochmal angeschlagen habe, weil die Mädels sich zurecht beschwert haben, dass sie auch mal endlich Socken wollen, "nicht nur immer du, Mama!" Wo sie recht haben, haben sie recht.

Es folgen also Resteverwertungssocken für warme Mädelfüße:

 Lila hatte ich noch eine Menge übrig von meinen Spiralsocken im letzten Jahr, und der Wechsel von blau/grün/türkis zu dem Hundertwasser-orange-Garn stört keinen großen Geist, finde ich.

Das zweite Paar wird rot-grün. Gefällt mir auch (und der fraglichen Dame, denn sie hat es nach genussvollem Wühlen in der Restebox selbst ausgesucht). Was will man mehr?