Ich bin ja leider im Nicht-Strick-Leben auch schreibtischabhängig und dadurch vermischt sich das bei mir zwangsläufig mehr oder weniger. Meistens dann, wenn ich zwar zu arbeiten beginne, dann aber das Strickzeug für die Ablenkungsrunde zwischendurch doch seinen Weg auf die Schreibtischplatte und zwischen mein Schreibzeug findet. Gefährlich, gefährlich.
Darüber hinaus ist natürlich der Wollvorrat in so farbenfrohen Boxen super aufgehoben. Dennoch habe ich mich ganz bewusst für die durchsichtige Variante entschieden:
Das liegt natürlich vor allem auch an meinem Gedächtnis, das dringend eine durchsichtige Box braucht, um immer wieder daran erinnert zu werden, welche Garne denn eigentlich da sind!
Und damit geht die Zeitreise auch eigentlich schon los. An anderer und sehr viel berufener Stelle als meine bescheidenen Ausführungen es hier sind, nämlich in diesem Buch:
ist schon ausführlich erklärt worden, dass der eigene Wollvorrat im Wesentlichen aus folgenden Elementen besteht:
1. wunderschönes Garn, das wahrscheinlich nie verstrickt wird, weil es 'zu schön' ist
2. Garn, das man als Souvenir von irgendwoher mitgebracht hat
3. Sonderpostenkäufe (kein Kommentar nötig)
4. schließlich das Garn, das tatsächlich verstrickt werden kann
Alles, was davon nicht zu den geplanten Projekten passt, muss/kann/darf natürlich neu gekauft werden.
Dabei ist in dieser Liste nicht berücksichtigt worden, dass es noch eine fünfte Kategorie gibt, nämlich
5. Garn, das man geerbt hat und nicht gleich entsorgen wollte
Aus Sentimentalitätsgründen oder weil man das Garn doch 'irgendwie' hübsch fand oder weil man meinte, daraus ließe sich noch irgendwie etwas Nettes stricken.
Oder etwas Nützliches. Untrügliches Zeichen meiner Erziehung durch eine Mutter der Nachkriegsgeneration: diese überlaute Stimme in meinem erwachsenen Kopf, die mich davor warnt, etwas Funktionierendes, Intaktes, Vollständiges 'einfach so' wegzuwerfen: "Aber Kind, das kann man doch noch nützen!"
Das ergibt dann ein recht seltsames Sammelsurium an Garnen, die man selbst niemals gekauft hätte, die man aber genau so wenig gleich wieder los werden kann.
Weil die Zeit nicht reif dafür ist. Weil man ein schlechtes Gewissen hat. Weil man ängstlich eine Frage nach dem Garn erwartet und sich davor fürchtet, keine Antwort darauf zu haben.
Aber seht selbst:
Das ist ein Überbleibsel von der Junghans-Phase meiner Mutter. Eindeutig die 80er - grauenvolle Farben in Kombination, aber wahrscheinlich genug für zwei Kinderjacken (doppelt verstrickt). Die kann ich (noch) nicht entsorgen.
Auch hier ein Erbstück. Das sollte in sehr illustrer Farbkombination ein Jacquardpulli werden, für den die Anleitung schon lange verloren ist. Das Auftrennen (oberes Bild links oben) war schon die Hölle - jetzt warten die Knäule, bis mir etwas Besseres einfällt.
Einzeln sind die Farben durchaus ganz hübsch, und das Garn immer noch sehr kuschlig. Wer weiß, vielleicht wird das noch etwas.
Das ist zunächst die übliche Garnmischung (oberes Bild, oben im Bild), die man aufhebt, weil man damit vielleicht mal Puppenkleider stricken könnte.
Wann das sein soll, weiß ich noch nicht. Vorzugsweise solange die Damen noch mit Puppen spielen.
Von den unteren Garnen gibt es aus dem melierten Slalom-Garn schon eine Maschenprobe für eine Jacke. Die ist definitiv auf meiner aktuellen Liste.
Keine Ahnung, was daraus werden soll. Aber das Garn ist weich, das grau-weiß ist ganz hübsch und es sind auch eine ganze Menge Knäuel da. Vielleicht ein Tuch?
Dunkelgrün. Das hat Altertumswert. Sollte wohl ein Trachtenjanker werden, und einen solchen könnte ich wieder brauchen:
Eigentlich hatte ich ja hier Garn Nr. 4 geplant - muss/darf ich erst noch kaufen, weil ja sonst nix da ist. Aber wenn ich mir das jetzt so ansehe... für das rote Dirndl wäre dunkelgrün gar nicht übel.
Damit bleibt für das blaue Dirndl dieses Monstergarn in braun:
Das war schon zur Hälfte ein Trachtenjanker und kratzt so, dass es eine wahre Freude ist. Also wirklich traditionell.
Das Foto zeigt das Garn ein bisschen zu hell. In Wirklichkeit ist das Braun ein bisschen dunkler und würde besser passen.
Man merkt auf jeden Fall deutlich: auch diese Wolle kann ich beim besten Willen nicht weggeben.
Schließlich folgt der Blick in die Schatzkiste. Was zum Teufel ist denn hier drin? Davon hab ich nix selbst gekauft, und dennoch füllt es eine ganze Kiste:
Die Farben allein schreien ja förmlich 80er:
Diese Wollmarke gibt es doch gar nicht mehr, oder? Schewe Wolle? benefind hat nix ergeben, nur Ebay.
Na, und das sind doch ein paar Vintage-Schönheiten. Phildar sogar mit Glitzerfaden. Auch daraus kann vielleicht nochmal eine Mütze werden. Daher: zurück in die Kiste und bis zur fantastischen geistigen Eingebung gewartet.
Das Schönste folgt zum Schluss: eine ganze Kiste voll mit blau und braunem Glitzergarn. Das sollte wohl ein Pulli werden. Jetzt wird es wohl eine Jacke für die Damen.
Wer könnte sonst so viel Glitzer ertragen?
Mein Tauchgang in den Wollvorrat ergibt also sechs komplette Kisten voll mit Erbgarn.
Von wegen, selbstangelegter Wollvorrat.
Einerseits finde ich es gar nicht schlecht, als großer Verfechter der drei R für die Umwelt (Reduce - nicht so viel neu kaufen; Re-use - Sachen neu verwenden; Recycle - wiederverwerten), aber
andererseits: ich werde den Gedanken nicht los, dass diese Kisten mein Hobby wenigstens ein bisschen zur Umweltaufgabe machen. Und dagegen hätte ich schon was.
Eigentlich möchte ich es nämlich doch mit Wendy Johnson halten, die gesagt hat, dass sie nie mit irgendeinem Garn strickt, das sie nicht wirklich mag und auch kein Projekt strickt, von dem sie nicht 100% überzeugt ist. Schließlich ist es ihr Hobby.
Das ist doch mal ein Schlusswort.