Wie immer bei solchen Horrorgeschichten, begann alles ganz harmlos. Ich habe mir eine Anleitung ausgesucht, die mir aus verschiedenen Gründen ins Auge gefallen ist. Anleitung gekauft, Garn herausgesucht, ein bisschen herumprobiert, alles ganz normal.
Meine Anleitung Fleetwood hatte nämlich den Effekt, dass hier endlich eine Kombination von Häkeln und Stricken aufgetaucht war, die wirklich interessant wirkte. Coole Granny Squares, aber eben nicht zu viel von allem. Na dann nichts wie ran.
Disclaimer: Die Anleitung von Tanis Lavallee ist wirklich toll und hat mit all meinen Missgeschicken, von denen im Folgenden die Rede sein soll, überhaupt nichts zu tun!
Vor allem mit den Granny Squares hatte ich hier die Möglichkeit, ein tolles Restgarn für ein zweites Projekt zu verwenden. Wie wir alle ja wissen, bleibt vor allem bei Stephen Wests Mystery Knit Alongs meist eine ganze Menge übrig. Gesagt getan.
Daraufhin voller Freude im Stash gewühlt und auch ein Hauptgarn gefunden, das ich mit irgendeinem Plan auf einem Wollfest gekauft hatte. Der ehemalige Plan war verschwunden, aber das Garn war noch da, und zwar in zwei Farben. Farben: braun und beige. Vermutlich sollte das mal ein Colourwork-Pullover werden. Garn war unlabeled, also eine no-name Schafwolle vom Schafwollmarkt. Soweit so gut.
Mit großem Elan also Grannies gehäkelt und dabei auch herumprobiert, mit welcher Nadel gehäkelt wird. Merke: Schafwolle einfach, Tuchwolle doppelt halten. Das gab ein schönes Bild für die Grannies. In der letzten Runde zusammenhäkeln, kein Problem, aber dabei muss doch darauf geachtet werden, in welcher Reihenfolge und mit welcher Farbe das geschieht, damit die mittlere Verbindung auch gut aussieht. Endlich war das Panel fertig.
Problem 1: Ein Blick in die Anleitung und auch in die Projekte bei Ravelry zeigt, dass es ratsam ist, diese letzte Runde des Zusammenhäkelns in der Hauptfarbe durchzuführen, damit alles auch farblich verbunden wird. Macht Sinn. Also alle Grannies wieder aufgepfriemelt und neu mit der Hauptfarbe zusammengehäkelt. Dabei, wie das offensichtlich immer so ist, auch die Reihenfolge der Grannies ein wenig durcheinander gebracht. So bleibt es jetzt aber.
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Panel mit angenähten Seitenstreifen |
Jetzt geht es an die Fertigstellung des Vorderteils. Dazu werden rechts und links Streifen in glatt rechts in der Hauptfarbe angebracht. Ausgemessen, Größe entschieden und losgelegt.
Problem 2: Dabei festgestellt, dass diese Streifen, um mit dem Granny-Look zusammenzupassen, nicht einfach mit derselben Wollstärke gearbeitet werden können. Stattdessen muss das Garn doppelt gehalten werden. Daraus folgt natürlich die Erkenntnis: das Garn wird nicht reichen. Das ist natürlich ein Problem, wenn man mit einer no-name Wollmarkt-Wolle strickt. Aber das ist ein Problem für später. Erstmal mit den Streifen weitermachen. An das Panel nähen und das Vorderteil fertigstellen. Gesagt getan.
Problem 3: Das Vorderteil ist, wer hätte es gedacht, viel zu weit. Es soll zwar ein Pullover mit Oversize werden, aber kein Einmannzelt. Das war also nichts. Also zurück, Maschenstich wieder aufgetrennt und Streifen aufgeribbelt.
Nochmal von vorne mit schmaleren Streifen. Noch einmal ein (gemütlicher?) Nachmittag am Esstisch, bei dem die Streifen mit dem Maschenstich angenäht werden. Dann das Vorderteil beendet, Halsauschnitt und Bündchen. Phew, endlich geschafft.
Problem 4 (Fortsetzung von Problem 2): Die Erkenntnis kann nicht mehr ignoriert werden. Die Wolle wird nicht reichen. Sie ist allerdings auch sehr weich und kann daher nicht einfach mit heimischer Schafwolle ersetzt werden, das wäre ein zu großer Bruch.
Vielleicht Alpakawolle? Ein ausführliches Studium diverser Internetseiten zeigt endlich einen Anbieter, der ein tolles Braun in einer ähnlichen Farbe hat. Wolle bestellt und gleich bezahlt.
Problem 5: Die Wolle kommt nicht. Anrufe und Emails bei diesem durchaus bekannten Alpakawolle-Händler fruchten überhaupt nichts. Dabei kenne ich den Händler von Märkten und habe schon über solche Märkte bestellt. Es hilft aber nichts, ich muss einen Fall bei Paypal eröffnen, damit ich mein bereits bezahltes Geld wiederbekomme.
Dadurch gehen Wochen ins Land, in denen am Pullover nichts weitergeht. Schließlich kaufe ich meine Wolle dann bei Hansafarm und bekomme sie prompt, wenn auch in einer etwas anderen Farbe.
Macht aber nichts. Die Wolle passt, ist ein wenig dicker und muss aber doch doppelt gehalten werden, damit die Maschenprobe stimmt. Das Rückenteil ist flott gestrickt und wird oben mit dem three-needle-bind-off verbunden. Passt doch. Jetzt noch die Seitennähte bis zur Armlochhöhe zusammennähen. Auch das geht.
Problem 6: Die Lauflänge ist nicht so lang, daher muss noch einmal nachbestellt werden. Die Kosten für einen Pulli, der doch eigentlich Stash abbauen sollte, sind mittlerweile ganz enorm.
Aber ich bin guter Dinge und nehme endlich Maschen für den Ärmel auf. Da ich bisher gute Erfahrungen mit geraden Ärmeln gemacht habe, die erst am Bündchen enger werden, stricke ich die Ärmel gerade herunter. Das dauert ewig, warum sind ausgerechnet meine Gorilla-Arme so lang?
Mir fällt sogar ein, für die Ärmel das Originalgarn zusammen mit dem Hansafarmgarn doppelt zu halten, damit der Farbunterschied zwischen Vorderteil und Ärmeln nicht zu stark ist.
Aber auch das klappt und endlich, endlich kommt das Halsbündchen kommt dran. Maschen aufnehmen klappt, das Stricken klappt und auch das Umnähen bzw. -häkeln funktioniert wunderbar. Meine Methode wird hier ganz locker, sodass mein Kopf auf jeden Fall durchpassen wird.
Anprobe!
Problem 7: Die Ärmel sind zwar weit, aber zu weit. Der Strickstoff bauscht sich etwas unschön und es sieht einfach nicht aus. Das muss nochmal gestrickt werden.
Problem 8: Wer hätte das gedacht, Alpakawolle kratzt am Hals. Das Bündchen muss also auch noch einmal gestrickt werden. Da wo die Anleitung Maschen für ein engeres Halsbündchen überspringt, werde ich also Maschen für ein etwas halsferneres Bündchen aufnehmen.
Mir fehlt im Moment die Energie zu alldem, aber wenigstens sind die Nadeln bereits an der Stelle der ersten Abnahme in die Ärmel eingezogen. Wenn ich also mental dazu in der Lage bin, meinen bereits fertigen Pullover wieder aufzutrennen, dann weiß ich wenigstens bis wohin.
Positiv ist einzig und allein, dass die Wolle wirklich für all diese Sperenzchen reichen wird. Die wirklich wichtige Frage bleibt aber: Wird der Pullover überhaupt 2025 fertig werden? Ich wage keine Prognose abzugeben. Wenn ich mir auch 100% sicher bin, dass jetzt keine acht weiteren Probleme mehr kommen können. Auf keinen Fall will ich aber ein Jahresstrickjubiläum feiern. 12 Monate an einem Pullover gestrickt, der ja nie wirklich ein vor sich hinwartendes Ufo war. Das ist zu viel!
Jetzt brauche ich aber erst einmal Pause von diesem Drama. Zum Glück gibt es Socken!
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Wunderschöne weiche Sockenwolle von StefisWolle |