Montag, 14. Oktober 2024

Kapitel 181 - von der Rechenschaftsablage


Dieser Blog hat es sich ja zur Aufgabe gemacht, das Thema Stricken und Handarbeiten in den verschiedensten Bereichen zu durchdenken und schließlich hier darüber zu plaudern. Weil es eben das schönste Hobby der Welt ist und weil die Gedanken, die man sich darüber machen kann, einfach unendlich sind.


Und genau in diesem Stadium meiner Überlegungen für einen neuen Beitrag hat mich die Gehirnforschung erwischt. Aber fangen wir mal ganz am Anfang an.


Ungefähr halbjährlich, manchmal auch vierteljährlich wird die Vlog- und Podcastszene mit Beiträgen geflutet, in denen die Stricker und Strickerinnen ihre neuen Ziele formulieren. Was schafft es auf die to-do-Liste? Was muss auf jeden Fall z.B. für Weihnachten noch fertig werden? „Meine Strickpläne für Herbst, Winter, Frühling und Sommer“


Meistens sind das unterhaltsame Folgen, in denen man über die eine oder andere Anleitung stolpert, die man zuvor vielleicht nicht auf dem Radar hatte und die umgehend auf die eigene Tapetenrolle wandert. Von dieser langen und sich ständig ändernden Strickplanung war an dieser Stelle auch schon ausführlich die Rede.

Jetzt allerdings bekommt dieser Gedanke eine neue Wendung. 


Warum die vielen öffentlichen Verkündigungen der Strickpläne? Meist sind das ja unrealistische Pläne von bis zu fünf Oberteilen pro Saison. Also zumindest mit meinem Alltagsleben ist das kaum vorstellbar.


Dann aber bin ich durch einen besonders interaktiv ausgerichteten Podcast versucht worden, zu kommentieren, wie es sich denn mit meinen eigenen Strickplänen für den Frühling verhalte. Die freundliche Podcasterin Nana von Nanas Knits and Threads hat so nett gefragt, um wirklich in einen Austausch mit ihren Zuschauer/innen zu kommen, dass ich mir auch meine Gedanken gemacht hab und meine Tapetenrolle studiert habe.


Also, welche Oberteile wollte ich denn nun wirklich in diesem Frühling und Sommer stricken? Die Wahl fiel auf zwei Stück, die ich schon lange geplant hatte, nämlich das Ruched Yoke Tee sowie Kevyt. Um beide war ich schon lange herumgestrichen, für beide hatte ich schon Wolle, also hab ich diese beiden in den Kommentar geschrieben. Ein klar definiertes Ziel, das - wie in der Fachliteratur zu lesen ist „motivierend und aktivierend“ wirken soll.

Tja, und was soll ich sagen? Es hat funktioniert.

Das heißt also, ich habe beide Teile wirklich angeschlagen und dann auch fertig gestrickt. Beweisfotos anbei.






Merke also: eine Rechenschaftsablage, d.h. eine klar formulierte Zielvorgabe für das eigene Hobby funktioniert.

Jetzt verstehe ich auch die vielen Podcaster wie Kiko von Kikos Strickschule oder Zebratante Julia von "Für mich ist auch die letzte Runde" so viel besser, die beide sagen, ihr Strickpodcast sei für sie so eine Art persönliche Rechenschaftsablage. Weil sie darüber sprechen, fühlen sie sich auch motiviert, die Sachen zu stricken bzw. fertig zu stricken.


Klar kann das Leben und überhaupt immer mal wieder etwas dazwischen funken, aber grundsätzlich ist das also eine moderne Coaching-Idee, die offensichtlich funktioniert, und zwar auch bei mir.


Na, dann wollen wir mal:


Für den Herbst/Winter 2024/25 habe ich mir also wieder genau zwei Stücke herausgesucht, die ich schon lange stricken will, nämlich zum einen den Hogwarts House Cardigan in meinen coolen Slytherin-Farben (Wizarding World hat gesprochen) und eine sehr schöne Zopfmusterjacke von Thea Colman, nämlich Vodka with a Twist. Obwohl mir da die allerneueste Smoked Orange Cardigan auch sehr gut gefällt. Mal sehen. Einer muss es werden!


Und was soll ich sagen? Den House Cardigan habe ich bereits angeschlagen, was wirklich was heißen will, wenn man weiß, dass diese Anleitung bereits 2020 erschienen ist und genau so lange schon in meiner Queue schlummert.


Mein Tipp des Tages lautet also: formuliert Eure Strickziele, und zwar laut und öffentlich. Dann klappt’s!

Dienstag, 9. April 2024

Kapitel 180 - Sockenhinweise

Die Geschenke sind schuld. Eindeutig. Kaum fängt man an, sich Strickgeschenke für würdige Empfänger (und Empfängerinnen) auszudenken, findet man wieder zu seinen Ursprüngen zurück. Was eignet sich besser als ein Paar Socken? Ist schnell fertig, wärmt und kommt immer gut an.

Ich habe meine Liebe zu Socken wiedergefunden! Nun habe ich mich ja just an dieser Stelle mehrfach darüber beklagt, wie lange es bei mir gedauert hat, bis ich mich endlich dazu entschließen konnte - bzw. traute - Pullover zu stricken. Und wie froh ich war, dass es tatsächlich wider Erwarten auch bei mir endlich geklappt hat. Aber, aber, aber, die Sockenliebe war natürlich immer noch da. The heart wants what the heart wants oder vielmehr: wo die Liebe hinfällt, eben.


Tja, und jetzt, nachdem ich erst neulich (naja, gefühlt neulich) ca. 6 Paar Weihnachtsundgeburtstagsgeschenksockenpaare gestrickt und übergeben habe, bin ich voll zurück in meiner Begeisterung.


Socken sind einfach megacool.


Die Farben der Wolle, die angeboten werden, sind großartig.


Die Möglichkeiten für das Design von Socken sind unendlich und schließlich:


es sind perfekte Mitnahmeprojekte, und zwar überall hin!


Zu guter Letzt: sie sind eigentlich wirklich schnell fertig, wenn man dranbleibt.


Was könnte besser sein?


Mit großer Freude habe ich zudem festgestellt, dass ich alles noch parat hatte im Kopf, Käppchenferse, Fish Lips Kiss Heel, nichts war vergessen. Auch meine kleinen Tipps und Tricks, die ich mir so angeeignet hatte über die Jahre, waren alle wieder präsent. Und da fiel mir auch der Blog wieder ein. Was eignet sich besser für einen neuen Eintrag, als die Weitergabe von Tipps? Teilen ist alles beim Stricken! Los geht‘s.


1 Sockentabellen


Mein erster Tipp dreht sich um die Sockentabellen. Alle online vorhandenen Sockentabellen sind super praktisch und eignen sich vor allem dann, wenn man nur die Schuhgröße der beschenkten Menschen kennt. Meine bevorzugten findet man bei Buttinette. Einfach in die Suchzeile ‚Sockentabelle‘ eingeben oder hier klicken. Der unschlagbare Vorteil bei diesen Tabellen ist, dass sie in allen Sockenwollstärken angeboten werden - von dreifädig bis achtfädig. Mit einem Klick weiß man Bescheid, was vor allem bei der schönen Bändchenspitze wichtig ist.


2 Eine Größe kleiner stricken


Nochmal kurz zu den Tabellen. Während sie unverzichtbar sind, wie ich finde, haben Sie doch einen Nachteil. Alle Sockengrößen sind m.E. zu groß oder auch zu locker berechnet. Daher mein Tipp: grundsätzlich eine Größe kleiner stricken, wenn es sich nicht gerade um Menschen handelt, die z.B. häufig geschwollene Füße haben. Meine eigenen Socken habe ich gerne eng am Fuß bzw. Bein, damit ich sie immer und überall tragen kann, auch im engen Schuh. Mit der Zeit bzw. nach vielem Waschen werden sie ein wenig größer und passen dann immer noch.


3 Ferse mit ungerader Zahl stricken


Das ist ein Tipp, der sich vor allem bei der Käppchenferse bewährt. Da ich eigentlich immer die verstärkte Fersenwand und sogar ein verstärktes Käppchen (= 1 M stricken, 1 M abheben) stricke, war ich mit der fehlenden Symmetrie gar nicht zufrieden. Die Lösung ist simpel.

Je nach verwendetem Muster werden vor Beginn der Fersenwand ein paar Maschen hin oder herverschoben oder einfach zu- bzw. abgenommen, damit die Fersenwand mit einer ungeraden Zahl beginnen kann. Das funktioniert auch bei anderen Fersen, das entscheide ich aber dann anhand des Musters vom Oberfuß. Manchmal hab ich auch da Symmetriebedürfnisse und muss mir Maschen ausleihen.


Bitte beachten: die ungerade Verteilung am Ende des gestrickten Fußes, kurz vor der Spitze, noch einmal überprüfen und ggf. wieder ändern. Sonst gehen die Maschenzahlen bei der Bandspitze nicht auf.


4 Fersenwand rechts und links kraus stricken


Wenn man bei der Fersenwand rechts und links jeweils 3 Maschen kraus rechts strickt (in jeder Reihe rechts), auch die Maschen ganz am Rand, dann entstehen dort kleine Knötchen, die das Aufnehmen von neuen Maschen für den Spickel ungemein erleichtern. Außerdem sehen die kleinen Krausreihen später sehr ordentlich aus und ergeben auf beiden Seiten ein schönes Bild. Hat man das Käppchen gestrickt, dann entscheidet man sich an der Seite der Fersenwand einfach, in welchen Faden der Knötchen man einstechen will, um eine neue Maschen herauszuholen und wiederholt das bei allen Knötchen. Saubere Arbeit!


5 Das Loch beim Übergang vermeiden


Ein Tipp, der aus einer großen Not entstand. In jedem von mir konsultierten Sockenbuch stand, dass man bei einer normalen Käppchenferse zwischen Fersenwand und den stillgelegten Maschen des Oberfußes aus dem Querfaden eine Maschen zunehmen sollte, damit man an dieser Stelle ein Loch vermeidet. Soweit so gut. Nur - dieses Manöver hat bei mir immer zu genau jenem Loch geführt, das man damit eigentlich vermeiden sollte.

Hier also meine Lösung: nach den aufgenommenen Maschen aus der Fersenwand nicht den Zwischenfaden auf die Nadel nehmen, sondern die erste Masche des Oberfußes, und zwar in der Reihe darunter. Diese gesamte Masche (mehrere Fäden auf der Nadel) verschränkt abstricken. Fertig.


6 Ein Rippenmuster bevorzugen


Auch das stand in einem meiner Sockenbücher und das stimmt. Rippenmuster passen sich einfach am besten den Füßen an, sitzen am besten, rutschen am wenigsten. Wer sich aber leicht abschrecken lässt von einer ewiglangen Männersocke im 2re2li - Muster, wahrlich eine Studie in Geduld, dem lege ich mein Muster Rippenbruch ans Herz. Ein ganz einfaches, kleines Muster über 4 Runden, das immer noch genügend Rippeneffekt mitbringt, damit man die gewünschte Passform erzielt.


7 Das Bündchen auf einer Nadel anschlagen


Die berühmte erste Runde nach dem Anschlagen, die gerade bei Socken eine solche Qual ist, wird bei mir auf folgende Art und Weise vermieden.

Ich nehme eine Nadelspielnadel, und zwar eine halbe Nummer größer als meine bevorzugte Sockennadel, und schlage darauf alle Maschen für die Socke an. Dann umdrehen und mit der richtigen Nadelgröße abstricken und dabei auf die Nadel(n) verteilen.


Ja, damit ist die linke Reihe außen, aber das stört keinen großen Geist und gefällt mir mittlerweile ganz gut - wie ein kleiner Rippenrand.


Ja, dadurch sind die erste und die letzte Masche (noch) nicht miteinander verbunden, aber wozu hat man das Anschlagsfädchen? Einfach beim Vernähen miteinander verbinden. Sieht kein Mensch.

Oder man schlägt eine Masche mehr an und macht am Ende der ersten Runde einen einfachen Überzug, um Ende und Anfang miteinander zu verbinden.


8 Wenn‘s eilig ist - 6-fädige Wolle bevorzugen


Eigentlich ein alter Hut, aber dickere Socken sind einfach so viel schneller gestrickt. Daher für ganz eilige Geschenke, ein paar Knäuel 6-fädig parat halten. Sie tragen sich nahezu identisch, aber sind mit sehr viel geringerer Maschenzahl in der Runde, sehr viel schneller fertig.

Und ja, 8-fädig geht natürlich noch schneller, aber nicht immer kann oder will man doppelt gestrickte Restesocken verschenken. Manchmal soll es eben doch gleichmäßig und hübsch sein. Bei 6-fädiger Sockenwolle gibt es bei allen gängigen Marken eine sehr hübsche Auswahl.


9. Ein Projekt nur für die Handtasche einplanen


Das ist ein Langzeittipp. Denn auch wenn man als sockenstrickender Mitmensch weiß, wie schön sich diese Projekte überall hin mitnehmen lassen, kommt es doch vor, dass man sich manchmal in einer Situation befindet, in der man keine Socken parat hat. Weil man einfach nicht drangedacht hat. Da hilft das Projekt in der Handtasche, d.h. einfach ein kleines Sockenprojekt in einer kleinen Tasche in die Handtasche stecken und sogleich vergessen. Das ist kein Projekt für die aktuelle WiP-Sammlung, sondern ein Projekt für die fünf oder zehn Minuten Wartezeit, die überall spontan anfallen können, sei es in der Schlange beim Postamt oder im Wartezimmer beim Arzt, und die sich so auch problemlos überbrücken lassen. Egal wie lange es insgesamt dauert - am Ende hat man ein neues Paar für die Geschenkebox.


10. Sich Inspiration holen


Dieser Tipp bezieht sich auf Ravelry, daher bitte ich schon einmal um Verzeihung, wenn diese Plattform leider nicht genutzt werden kann.

Dort gibt es seit vielen Jahren eine sehr coole Gruppe, nämlich die Sock Knitters Anonymous. Eine Gruppe für die Anonymen Sockenstricker. Dort wird jedes Jahr von September bis Juli ein lockerer Wettbewerb ausgerufen, bei dem man zu einem oder mehreren Monatsthemen Socken stricken kann. Das Tolle daran ist, dass die Gruppenmoderatoren schon ganze Arbeit geleistet haben und bereits thematische Bündel von Anleitungen zusammengestellt haben, die man nach Lust und Laune durchforschen kann. Das heißt also, man muss nicht einfach allgemein nach Sockenanleitungen suchen und von der Fülle der Ergebnisse erschlagen werden, sondern man kann sich thematisch durch eine der Sammlungen klicken. Blumensocken? Thema Mathe/Physik/Technik? Fandoms? Literatur? Anleitungen extra für selbststreifende Sockenwolle? Es gibt alles, was das Herz begehrt. Seht mal hier.

Diese so genannten bundles können dann noch einmal speziell durchsucht werden, z.B. um kostenlose Anleitungen zu finden, was ja manchmal auch notwendig ist,

Übrigens: bei den SKA gibt es auch ein bundle zu Socken, die im Wettbewerb nicht zugelassen sind, weil sie zu simpel sind. Aber genau das ist für uns Geschenkestricker auch manchmal schön, z.B. für das oben erwähnte Taschenprojekt.


Das war's auch schon. Wenn Ihr noch einen Tipp habt, den ich vergessen habe, dann immer her damit. Ich freu mich, denn nach dem Geschenkestricken ist vor dem Geschenkestricken.




Mittwoch, 13. September 2023

Kapitel 179 - von der Kreativität

Der Algorithmus hat etwas angespült. Einen Zufallsfund, der aber, wie so häufig bei Strandgut, ein wahres Kleinod ist und in der Lage ist, mich zu beflügeln. Große Worte, ich merke es selbst, aber fangen wir mal ganz zu Beginn an.

Also, über meine persönliche Strickreise ist an dieser Stelle ja schon einiges geschrieben worden. Vom ewigen Sockenstricker hat mich die glücklicherweise unvermeidliche Evolution endlich zu Oberteilen schreiten lassen. Anleitungen auf deutsch und englisch, verschiedene Stricktechniken, alles lief nach Plan bzw. alles wurde nach und nach - immer mit dem nötigen Respekt und der üblichen Verzögerung (verstehe ich das auch? kann ich genug?) - in Angriff genommen.

Mittlerweile habe ich auch schon Designs von einigen der 'großen' Designer gestrickt. Na, dachte ich, da bist du aber mittlerweile wirklich vorangekommen.

Tja und dann hat der Algorithmus zugeschlagen.

Er hat mir einen Podcast einer jungen Handarbeiterin angespült, der mir erst einmal die Kinnlade offen stehen ließ. So kann man es nämlich auch machen.

Da wird mit dem Stricken und Häkeln völlig anders umgegangen. Es gibt keinen Designer-Olymp, um den man sich bemühen muss, keine 'richtigen' Garnalternativen, die man gestrickt haben muss, um dazuzugehören. Nein, von alledem hört und sieht man da nichts.

Stattdessen gibt es hier jemanden, der einfach beschließt, sich einen Pulli zu häkeln und zwar genau so, wie er im Kopf entstanden ist. Alles, was zur Verfertigung nötig ist, bringt man sich auf dem Weg zum fertigen Strick- oder Häkelstück bei. Vollkommen unabhängig von allen anderen Trends im Podiverse.

Da ist mir zum ersten Mal wieder bewusst geworden, warum man dieses Hobby eigentlich auch betreiben könnte. Nicht etwa, um die Ideen von anderen Leuten einfach zu replizieren, so hübsch das auch sein mag, nein, man bringt sich die Techniken beim, um seine ureigensten Ideen zu verwirklichen.

Das ist natürlich eigentlich gar kein so revolutionärer Gedanke, schon in der Einleitung zu Lisl Fanderls Klassiker 'Bäuerliches Stricken' geht es um "handgeschriebene[…] Musterkombinationen", die sich jemand ausgedacht hat und ganz "nach persönlichem Geschmack" ausgestaltet hat. Aber sich alles komplett selber ausdenken und dann machen? Da war mein Respekt doch zu groß.

Umso erfrischender dieser Mut, sich einfach in ein Projekt zu stürzen. Besonders haben mich die Folgen begeistert, in denen etwas aus Film und Fernsehen nachgestrickt wurde. Da wurde aus einfachen Screenshots ein richtiges Design mit eigener Anleitung, die dann nachgearbeitet wurde. Wer Lust hat, kann hier mal reinschauen. Oder auch hier, wo Mijanou erklärt, wie sie beim Designen vorgeht. Ich bin schwer beeindruckt!

Und klar, da gehen auch Sachen daneben. Da wird nicht die allerneueste Stricktechnik implementiert - die Ärmel könnte man z.B. auch von oben nach unten stricken - da werden Sachen gearbeitet, die der mittelalten süddeutschen Durchschnittsstrickerin nicht wirklich stehen oder gar passen würden - aber der Gedanke ist es, der mich begeistert. Einfach loslegen! Einfach machen! War für ein Schwung!

In der deutschen Strickszene ist Kirsten von Schul Frey auch so ein leuchtendes Beispiel. Hach, ich komme ins Schwärmen.

Und was am besten ist - die grauen Zellen fangen an zu bitzeln und zu sprühen. Ein tolles Gefühl!

Ob das was wird? Ich freue mich!




Freitag, 9. Juni 2023

Kapitel 178 - Tiefseetauchen

Wie bei vielen Podcastern, Bloggern und anderen Leuten, die öffentlich über ihre Garnvorlieben und Strickereien berichten, war natürlich mein Plan für dieses Jahr 2023 auch ein zuverlässiges Verwenden von Wolle aus dem Vorrat, um ebendiesen ein wenig zu verringern. Man ja doch keine utopischen Pläne. Nur die eine oder andere Projekttasche, die leer werden soll, die eine oder andere Garnschale, die danach weniger als zuvor enthält. Eigentlich ist das doch kein Hexenwerk.

Der Stashabbau stand also ganz vorne auf meiner Liste der Neujahrsvorsätze. Obwohl ich da ja offenbar ein bisschen aus der Zeit gefallen bin. Vorsätze fasst man gar nicht mehr, alles kalter Kaffee von gestern. Ich stricke, was ich will, ist die Devise. Naja, ich bin old school und hab's also versucht.


Aus gutem Grunde außerdem - wenn man sich nämlich mal seine Vorräte in ihrer vollen Größe vorknöpft - im Marie Kondo Style gesammelt auf dem Küchentisch auskippt und begutachtet, tja dann ist ein gewisses Unbehagen nicht von der Hand zu weisen. Das Neusortieren macht Spaß, das auch, aber es wird einem doch schnell ein wenig mulmig. Wie viel Pläne man doch hatte! Wie viele Einzelknäuel man in einem Moment der Schwäche gekauft hat! Aber gut, ich stricke, also wollte ich, das war ja die Devise. Kein schlechtes Gewissen beim Hobby!


Aber: was ich bei meinen hochfliegenden Plänen für 2023, immerhin vor sechs Monaten gefasst, noch nicht bedacht hatte, waren alle meinen heimlichen Stashmitbewohner. Alle Knäuel und Knäuelchen, die mir von freundlichen Seelen vermacht worden waren, weil man entweder nicht mehr stricken will oder nicht mehr kann. Oder eben weiß, dass ich schlecht nein sagen kann, wenn mir jemand Wolle anbietet.


Da liegen sie nun, und erzählen davon, was vor vielen Jahren mal der letzte Schrei war. Oder was jemand anderes an Farbvorstellungen hatte. Keine leichte Aufgabe. Je tiefer man in den Stash abtaucht, desto mehr wird klar:

Blass-orange war die Farbe der Stunde.




Halo und Flausch sind keine Erfindungen von heute.




Glitzer auch nicht.


Eigentlich wird damit aber die Aufgabe womöglich ja sogar leichter. Man muss sich also nur nach Anleitungen umsehen, die man für die vorliegenden Wollqualitäten verwenden kann.

Aber das wird in dem Moment zur ungewöhnlich anspruchsvollen Aufgabe, wenn die Banderole der Uralt-Wolle keine richtigen Angaben enthält. Weder Angaben zu Lauflänge, noch zu gedachter Maschenprobe, noch - was eigentlich das Schlimmste ist - zu notwendiger Garnmenge für ein Kleidungsstück. Natürlich hat man ein paar Faustregeln im Kopf, aber wie das so ist mit solchen Regeln, alles geben die natürlich auch nicht her. Ein paar Hinweise würden hier wirklich nicht schaden.


Wie man nämlich sieht - sieht man nix.



Was ist also zu tun? Na, im Zweifel bleibt immer ein RVO übrig. Was für ein Glück, dass ich gerade ein hübsches Strukturmuster zur Hand hatte, das sich ganz unproblematisch auf einen Pullover übertragen ließ, so konnte es also gleich losgehen.



Das nächste Projekt wird ein RVO T-Shirt, da sollte die Wolle also auch reichen und schließlich wird für eine letzte Idee ein bisschen in Kleinstportionen gehäkelt. Da wird dann eben das Garn ersetzt, wenn's ausgeht.


Und siehe da, es funktioniert.


Drei Kleidungsstücke aus drei Uraltgarnen sind in der Mache und teilweise sogar schon fertig. Und die alten Banderolen sind meine liebsten Souvenire. Ich bin in meinen Stash abgetaucht und hab was wirklich Altes verstrickt! Sommerfeeling pur!