Samstag, 14. August 2021

Kapitel 164 - Sommerzeit ist Strickzeit?

Haaaach, wie hat man sich all die Monate - die dunklen und die hellen - auf den Sommer gefreut. Endlich Strickzeit, endlich Anschlageritis. Im Geiste hat man sich schon herumstolzieren sehen in all den Herrlichkeiten, die dann ohne den Stress des Alltags entstehen würden. Eins nach dem anderen.

Das einzige, winzige Hindernis waren die paar WIPs, die man noch schnell beenden wollte, damit es endlich losgehen kann.


Aber wie meine werte Schwiegermutter schon immer so treffend formuliert hat: 'Plane nicht im Vorhinaus - es wird nichts draus.'


Dabei hat alles zunächst noch ganz gut ausgesehen. Mein Reste-Streifen-Raglan war eigentlich fertig. Haupt- und Nebenfarbe für die Streifen war geklärt, Ärmel waren schon abgetrennt und eine Farbe, von der nur sehr wenig übrig war, wurde noch in einen vollständigen Streifen gepackt.


Nix wie ran also an die Projekttasche und das Körperteil beendet. OK, der letzte Streifen hat seine 12 Runden nicht mehr geschafft, aber geschenkt, es folgt das Bündchen und schließlich bin ich ja vehementer Verfechter des englischen Galoppmantras, was strickige Ungenauigkeiten betrifft: "Wenn man es von einem galoppierenden Pferd aus nicht sehen kann, dann…".


Ab zu den Ärmeln und jetzt ging es leider Schlag auf Schlag. Erstens: bei genauerer Überprüfung der übrigen Knäuel stellt sich heraus, dass die Hauptfarbe für die Ärmel nicht reichen wird. OK, dann eben Garn geteilt und blockmäßig so weit gestrickt, wie's halt geht.


Ärmel daraufhin 'etwas' knapp bemessen, Bündchen sowieso mit einer Streifenfarbe, damit noch Hauptgarn gespart wird. Damit werden die Ärmel nach zwei breiten Farbblöcken plötzlich dreifarbig, das war nicht der Plan, aber gut, es ist ein Resteprojekt, also OK.


Kaum ist ein Ärmel fertig, taucht doch noch ein Miniknäuel in der Ärmelfarbe auf. Im Ernst jetzt?


Sofort klappt natürlich der übliche Fragenkatalog in meinem Kopf auf:

Was jetzt?

Trenne ich den Ärmel wieder auf und verlängere ihn?

Lohnt sich das?


OK, nochmal rational nachgedacht. Die Ärmel sind eh knapp bemessen gewesen, alle Hoffnung wurde auf das Spannen gelegt, da würden ein paar Zentimeter mehr ganz gut tun.


Also alles wieder auf Anfang, Bündchen aufgetrennt, Maschen aufgenommen, die brav abgeteilte Restwolle drangestrickt und schließlich nochmal das Bündchen gestrickt.

Nochmal vernähen und dasselbe natürlich auf der anderen Seite.

Endlich fertig! Und damit ran an das nächste WIP.


Restepulli nach Thorsten Duits genialer RVO-Anleitung (Youtube und Ravelry)

Hier schien die Sache einfacher. Der Pulli besteht aus zwei gigantischen Teilen - Vorderteil und Ärmel in einem - und ein Teil war schon fertig.


Passt doch, dachte das kleine naive Urlaubs-Ich. Wenn ich dranbleibe, dann geht doch auch das zweite Teil recht flott von der Nadel.

So war es dann auch zum Glück und schwupp-di-wupp war ich fertig. Jetzt aber: wie verbinde ich das Ganze?


Die Anleitung schlägt vor, Maschen abzuketten und dann die Teile zusammenzunähen. Ach neeee, denke ich, das muss doch anders gehen.


In weiser Voraussicht hatte ich die Maschen des Rückteils schon auf eine lange Nadel gezogen, möglichst natürlich für einen 3-needle-bind-off.

Also: mein (Großes Ravensburger) Strickbuch konsultiert und darin steht ganz eindeutig: bei Lochmustern ist es sinnvoll, zuerst abzuketten und die Teile dann in einer Art Maschenstich zusammenzunähen.

Ich probier's.


Es sieht ganz OK aus, aber du meine Güte - die Naht wird ja fürchterlich dick. Das ist bei einem sowieso schon dicken Garn ehrlich kein Spaß auf der Schulter.

Glücklicherweise fällt mir ein, dass der 3-needle-bind-off auch so einen kleinen Wulst produziert, den niemand haben will, und dass die Vorderseite damit auch nicht so ganz flach liegt - und ehrlicherweise nicht ganz so hübsch aussieht.


Ich kehre also zurück zu meiner ersten Idee - Zusammennähen im Maschenstich.

Nur hatte ich ja beide Teile mittlerweile abgekettet. Klar.


Also, alle Maschen wieder Stichlein für Stichlein zurück auf die Nadeln und dann endlich los.

Den ganzen Ärmel mitsamt der Schulter auf beiden Seiten im Maschenstich zusammennähen ist jetzt kein Spaß, aber wofür hat man denn Urlaub. Mit der Naht bin ich zufrieden, kein Wulst, alles passt.


Aber: jetzt habe ich einen Poncho. Denn seitlich müssen der Körper und auch der Ärmel noch zusammengenäht werden. Diesmal im Matratzenstich. 


- Kurze Anmerkung: Den Pulli strick ich sicherlich kein zweites Mal ;-) -


Es hilft kein Jammern und kein Seufzen. Besser ist es, sich all die schönen neuen Projekte vorzustellen, die ich dann anschlagen darf.


Endlich, endlich ist alles fertig, aber das war ein Tag Strickzeit dahin.


Fledermaus-Pullover aus Rebecca Nr. 73, Modell Nr. 9


Tja, und dann sind die Nadeln im Anschlag und wer kommt zur Tür herein? Mein werter Mitbewohner.


Er hat seine Stricksachen durchgewühlt, wie man das so in seinen freien Momenten macht, wenn es Sommer ist und man sie nicht braucht und siehe da: keine Ellbogen mehr da, sondern nur riesige Löcher.




"Kann man da was machen, eventuell? Schließlich, äh, hast du ja jetzt ein bisschen Zeit."


Naja, man kann natürlich. Und man ist ja auch kein Unmensch. Also auf in meine Restekiste und passendes Garn gesucht.


Schnell das geniale Video von Kikos Strickschule aufgerufen, in dem es um das Reparieren eines Haramaki geht (die Suchmaschine hilft) und los geht's.


Anfänglich, bei dickerem Garn, geht alles eigentlich ganz flott, aber dann folgen die dünneren Pullover mit den riesigeren Löchern.




Jetzt zeigt's sich also, und ich kann nur eines sagen - wenn es nicht so viele nette Podcaster gäbe in diesem Strickuniversum, dann wäre ich sicherlich verzweifelt. Ich danke Euch allen von Herzen!!!


Denn auf der anderen Seite gibt es den fadenscheinigsten Ellbogen überhaupt:



Das Ergebnis ist schließlich eigentlich OK für den Hausgebrauch - mein galoppierendes Pferd hat keine Einwände - aber: wieder ein Stricktag dahin. Dieses Aufstricken und einweben dauert e-w-i-g!



Aber morgen, morgen da bin ich dran!


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